
Tannenhäher: Schlaue Sammler
Im Winter ist die Nahrung knapp, Tannenhäher kommen trotzdem gut über die Runden. Sie haben im Herbst genügend Fressen eingegraben – und finden es selbst unter einer dicken Schneedecke wieder.
Hübsch sehen sie ja aus, aber doch eher unauffällig. Trotzdem sind Tannenhäher faszinierend – dank ihrer Lebensweise. Während nämlich viele andere Vögel im Winter gegen Süden ziehen, bleiben sie hier. Nicht etwa im milderen Unterland, sondern vor allem in den Alpen. Um zu überleben, brauchen sie natürlich in erster Linie genug zu fressen.
Tannenhäher leben in Nadelwäldern, in denen Arven nicht fehlen dürfen. Während des Jahres ernähren sie sich unter anderem von Arven- und Haselnüssen, Insekten, Früchten und Kleintieren. Im Winter allerdings ist das Angebot bescheiden. Doch der schlaue Vogel bereitet sich vor!
«Im Herbst – von September bis Oktober – legen Tannenhäher Vorräte an. Sie sammeln über ihr angestammtes Gebiet hinaus Arvennüsschen», sagt Christoph Vogel von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach. Arvennüsschen sind keine Nüsse, sondern die Samen der Arven, die in den Zapfen der Bäume stecken. «Sie öffnen sie mit ihrem kräftigen Schnabel und sammeln die Samen in ihrem Kehlsack, ein Hautlappen, der etwa so aussieht, wie bei uns ein Doppelkinn.»
Im eigenen Revier suchen sie dann ein Versteck, hacken ein Loch in den Boden, in das sie 1 bis 24 Arvennüsschen legen. Die Menge, die sie so lagern, ist beeindruckend. Christoph Vogel: «Sie sammeln rund 100’000 Arvennüsschen, das sind etwa 44 Kilo und bis zu 10000 Verstecke. In Jahren, in denen Arven wenig Früchte tragen, tun sie dasselbe mit Haselnüssen.»
Wollen sie im Winter an die Vorräte, hindert sie nicht einmal eine Schneedecke daran. Selbst wenn diese einen Meter hoch ist, wissen sie genau, wo sie sich durchgraben müssen. Sie orientieren sich vermutlich an optischen Anhaltspunkten, wie etwa einem Felsen, und haben zudem wohl ein ausserordentlich gutes «GPS» im Kopf. «Bis im Frühling haben Tannenhäher 80 Prozent ihrer Vorräte genützt», sagt der Experte. «Ob sie die anderen nicht finden oder einfach nicht benötigen, ist umstritten.»
Genau diese restlichen Vorräte sind ungemein wichtig für die Arven. Denn ohne die Vögel könnten die Bäume ihre Samen nicht streuen. Tannenhäher vergraben sie genau so tief, dass sie keimen können. So sichern sich Tier und Pflanze gegenseitig das Überleben.