Esel
Verkannte Schlaumeier
Oft werden sie nur als Rasenmäher eingesetzt, was ihnen schadet und sie langweilt. Dabei können Esel viel mehr. Und sie sind weder dumm noch störrisch – bloss intelligent genug, nicht alles mitzumachen.
Wenn Samichlaus und Schmutzli mit einem Esel die Chlaus-Säckli bringen, freuen sich nicht nur die Kinder. Ansonsten haben die Tiere aber einen zweifelhaften Ruf. Sie gelten als dumm und störrisch. Solche Vorurteile ärgern Edith Müller aus Grasswil BE. «Esel werden völlig verkannt, sie sind hochintelligent!» Sie muss es wissen: Vor Jahren hat sie im Oberaargau ein Esel-Paradies (www.eselmueller.ch) geschaffen. «Es sind tolle Begleiter, auf die man sich verlassen kann. Aber sie müssen artgerecht gehalten und respektiert werden. Man muss sich vor dem Kauf gut informieren.» Oft würden sie vernachlässigt. Pferde werden meist ein Leben lang gefördert, Esel fast gar nicht. «Dabei brauchen sie eine Bezugsperson. Sie sind gerne mit Menschen zusammen und arbeiten auch gerne, wollen beschäftigt sein.»
Müller meint nicht den Einsatz als Rasenmäher – der bekommt ihnen nicht. «Da langweilen sie sich zu Tode. Es sind zudem ursprünglich Wüstentiere, die fressen müssen, was sie kriegen können. Tun sie das hier, werden sie dick und krank.»
Müllers fünf Esel bekommen Abwechslung, so werden u. a. Eselnachmittage angeboten, Kindergeburtstage, Wanderungen und Seminare. Auch Sabbaticals – längere Auszeiten – kann man bei ihnen machen. «In der heutigen, schnelllebigen Zeit sind die gemächlichen Esel perfekte Entschleuniger. Auch hyperaktiven Kindern tun sie gut.»
Die Tiere lassen sich nicht nur Reiten, sie sind gar für Kutschenfahrten geeignet. Das klingt nicht störrisch. Müller: «Das Vorurteil kommt daher, dass Esel einen eigenen Willen haben, mitdenken. Sie sind intelligenter als Pferde, laufen zum Beispiel nicht einfach durch eine Pfütze, ohne zu sehen, wie tief sie ist und ob sie sich verletzen können. Man muss ‹diskutieren›, ihnen erklären, wieso der eigene Weg besser ist.» Und dass Esel in Panik stehen bleiben, statt zu flüchten, liege ebenfalls daran, dass sie Wüstentiere seien. Beim Sprint durch den Sand wären Verletzungen vorprogrammiert.
Schlau, treu, fleissig: Sollte man also einmal als «Esel» bezeichnet werden, darf man das getrost als Kompliment auffassen!