Eine seltene Einwohnerin

Heimisch ist sie hier zwar, aber sehr rar: die Europäische Sumpfschildkröte. Sie soll wieder angesiedelt werden – aber nur durch Profis!

VON ASTRID HÄNNI

Harter Panzer statt flauschiges Fell: Obwohl Schildkröten nicht gerade die typischen «Kuscheltiere» sind, sorgen sie für einen gewissen Jöh-Effekt. Was wenigen bekannt ist: Es gibt sie hierzulande nicht nur im Zoo, sondern auch in freier Wildbahn – im Mittelland und im Tessin.

Die einzige Art, die in der Schweiz heimisch ist, ist die Europäische Sumpfschildkröte, die als «vom Aussterben bedroht» gelistet wird. Dabei ist sie das genau genommen schon, wie Andreas Meyer von der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) erklärt: «Sie wurden vermutlich schon relativ früh ausgerottet. Dass heute Tiere hier leben, beruht auf Aussetzungen.»

Eigentlich ist es verboten, Schildkröten aus privater Haltung in die Wildnis zu entlassen. Aus mehreren Gründen: So gibt es diverse Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte, vermischen sich diese, wird das Erbgut verändert. Zudem sind südeuropäische Sumpfschildkröten zum Beispiel gar nicht für unser Klima geschaffen. Ohnehin ist das Auswildern nichts für Laien. Andreas Meyer: «Ein Feuchtgebiet mit Tümpeln reicht den Tieren nicht: Das Klima und die Qualität der Umgebung müssen stimmen. Das Problem ist, dass die Schildkröten meist keine trocken-warme Plätze finden, um ihre Eier abzulegen.» Ihr Leben spielt sich zwar hauptsächlich im Wasser ab, zur Eiablage benötigen sie aber sonnige und vor Überschwemmungen sichere Orte in der Nähe: sandige Hügel, warme Haine, Magerwiesen, Böschungen. «Die einzige Population, die sich in der Schweiz nachweislich erfolgreich fortpflanzt, ist im Naturschutzgebiet Moulin-de-Vert in Genf», erzählt Meyer. «Die restlichen Tiere können zwar jahrzehntelang an einem Ort leben, sich aber nicht vermehren.»

Eben deshalb laufen – in Zusammenarbeit von karch, Kantonen sowie den Vereinen Swiss­emys und Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz – Wiederansiedlungsprojekte, u. a. zwischen Bieler- und Neuenburgersee. Meyer: «Es muss wissenschaftlich eruiert werden, ob sie sich langfristig an einem bestimmten Ort wohlfühlen und vermehren können. Schön wäre es. Denn eines ist sicher: Wilde Aussetzungen sind keine Lösung. So sympathisch die Schildkröten auch sind.»