Ein Leben in aller Stille

Ganz heimlich schleichen sie durch die Wälder des Juras, und kaum jemand bekommt sie je zu Gesicht: Wildkatzen. Die Tiere profitieren von den milden Wintern und ver­mehren sich sogar. Leider sind dabei oft auch Hauskatzen beteiligt, was ungünstig ist.

Katzen sind für uns Haustiere. Dabei wird oft nicht wahrgenommen, dass es sie hierzulande auch freilebend gibt. Nicht etwa streunende Stubentiger, sondern waschechte Wildkatzen. Die Tiere leben zurückgezogen im Wald, sind meist abends oder nachts aktiv, sodass kaum jemand Notiz von ihnen nimmt. «Bei uns kommt die Europäische Wildkatze im Jura und dessen Ausläufern vor», erzählt Zoologin Marianne Hartmann, die deren Verhalten seit über 20 Jahren erforscht. «In den letzten zehn Jahren hat ihr Bestand zugenommen. Eine genaue Zahl gibt es nicht, da sie so heimlich leben. Sie tauchen aber an Orten auf, wo es sie bisher nicht gab.» Mit ein Grund, dass es ihnen zurzeit so gut geht, seien wohl die milden Winter der letzten Jahre. Bei zu viel Schnee finden die sonst ausgezeichneten Jäger keine Nahrung mehr, die zu über 90 % aus Mäusen besteht.

Die grösste Bedrohung der hiesigen Wildkatzen ist die Fortpflanzung mit Hauskatzen, wodurch die Gene verloren gehen. «Gerade bei uns gibt es viele Mischlinge – vermutlich, weil wir am Rande einer grossen Population sind, die es in Frankreich und Deutschland gibt», sagt Hartmann. «Die Jungtiere wandern weiter und finden dann keine Artgenossen mehr, um sich fortzupflanzen, nehmen also, was da ist: Hauskatzen.»

Im Unterschied zur Hauskatze hat das graue oder bräunliche Fell der Wildkatze kaum eine Zeichnung, der Schwanz ist buschiger und weist schwarze ­Ringe auf. Da junge Wildkatzen ­genau wie junge Hauskatzen ­aussehen, sollte man nie vermeintlich verlassene Büsi aus einem Wald mitnehmen. Die Tiere können in einem normalen Haushalt nicht aufwachsen, denn sie sind selbst in Gefangenschaft nicht zähmbar. Wild und frei eben!