Offene Bauchdecke
Vom Mann verlassen, weil die Tochter krank wurde
Der Vater von Emily machte sich aus dem Staub, als er erfuhr, dass das Baby eine offene Bauchdecke hat. Die Mutter kümmert sich nun allein um die Kleine – und freut sich über jeden Fortschritt.
Sie wird nie ein normales Leben führen können. Sie wird wieder und wieder ins Spital müssen – und Hilfe brauchen. Emily (7) ist seit ihrer Geburt schwer krank. Und ein doch so fröhliches Mädchen, das seine Mutter Viviane Wienholz (26) immer wieder zum Lachen bringt. «Zwischen uns passt kein Blatt Papier», sagt die junge Frau aus Dresden (D). Und diese enge Beziehung, die liegt auch daran, dass Viviane ihre kranke Tochter ganz allein versorgen muss.
Es ist wirklich unglaublich! Wie konnte der Vater das Mädchen und sie nur im Stich lassen? Ja, Viviane wusste, dass ihr Baby mit einer Behinderung zur Welt kommen würde, erzählt sie. Damals war sie 18 Jahre alt, das Kind eigentlich nicht geplant. Viviane machte gerade ihre Abschlussprüfung zur Restaurantfachfrau. «In der 24. Schwangerschaftswoche hatten die Ärzte festgestellt, dass mein Baby eine offene Bauchdecke hat.» Emilys Darm lag aussen und musste nach einem Kaiserschnitt in der 30. Woche gekürzt werden. «Kurzdarmsyndrom» heisst diese Erkrankung. «Meine Emily lag nach ihrer Geburt zwei Jahre und acht Monate ohne Unterbrechung in der Uniklinik Dresden», erzählt Viviane. «Ich habe meine kleine Maus jeden Tag besucht, fuhr nur zum Schlafen nach Hause. Während dieser Zeit verlor ich 15 Kilo an Gewicht und war fix und fertig. Ich fühlte mich einfach überfordert!» Doch als das Kind endlich nach Hause durfte, war sie bereit zu kämpfen. Im Gegensatz zum Vater des kleinen Mädchens. Er hatte die Familie von heute auf morgen verlassen. «Er konnte damit nicht
umgehen. Wahrscheinlich bin ich stärker als er. Ich versuche alle Probleme zu bewältigen und handle nach der Devise, dass es immer weitergeht.»
Trotz der 31 Operationen, die Emily schon über sich ergehen lassen musste. Und trotz der Tatsache, dass sie zusätzlich über eine Magensonde ernährt werden muss. «Die Sonde und das nötige Loch im Bauch wird sie ihr gesamtes Leben behalten.» Deshalb kann Emily keinen Schritt ohne ihren Rucksack machen. Denn darin befindet sich die Flüssignahrung, die wiederum mit Emilys Bauch über einen Schlauch verbunden ist. «Wenn wir auf den Spielplatz gehen, hänge ich mir den Rucksack über die Schulter», berichtet Viviane. «So kann Emily auf die Rutsche.» Wie andere Kinder auch. Und wenn das Mädchen dann so voller Freude ist, dann ist Viviane glücklich. «Wir haben es nicht leicht. Aber ich geniesse jede Minute mit Emily. Wir zwei, wir schaffen alles!»