Stefanies trauriger Ritt in den Tod

Bei einer Routineuntersuchung erfuhr die 15-Jährige, dass sie unheilbar krank ist. Ihre letzten Monate verbrachte sie mit ihrem geliebten Pferd.

Als Stefanie erfuhr, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, quälte sie nur ein Gedanke. Sie konnte damit leben, zu sterben. Aber nicht damit, Abschied von Luna zu nehmen. Es war ihr letzter Wunsch, an der Seite ihrer Stute für immer ein­zuschlafen.

Rückblick: Der Husten war hartnäckig. Eine verschleppte Erkältung, dachte Stefanie. Der Arzttermin im Frühjahr 2014 sollte helfen. Drei Tage später klingelte jedoch das Telefon, der Arzt bat die 15-Jährige und ihre Mutter ins Spital. Die Diagnose: Lungenkrebs. Maximal ein volles Jahr, länger gab ihr der Arzt nicht mehr. Dabei wollte Stefanie unbedingt Polizistin werden, am liebsten bei der Reiterstaffel. Und gerade hatte sie sich frisch verliebt.

Sofort kam sie ins Klinikum Münster (D), um die Behandlung zu beginnen, die ihr ein paar Monate mehr Leben schenken sollte: Aber Chemotherapie und Bestrahlungen zehrten an dem jungen Mädchen. Nach den Sommerferien kehrte sie nicht zur Schule zurück. Zusammen mit ihrer Familie traf sie wenig später eine wichtige Entscheidung: Um jeden Tag mit Stute Luna verbringen zu können, zog sie auf den Familienhof des befreundeten Seelsorgers Frank Pape (45), wo ihre Eltern sie täglich besuchen konnten.

Dort begann Stefanies trauriger Abschied von ihrem Pferd. Noch heute erkennt die Stute den Ort, an dem die 15-Jährige verstarb. Als Pape das Bett aus Stroh nachstellte, blieb die Stute lange daneben stehen. Sie blähte die Nüstern und senkte den Kopf, bis ihre Nase die blau gestreifte Decke berührte. Auf dem einfachen Strohbett sass Nackel, Stefanies Kuschelhase.

Die Freundschaft zwischen Pape und Stefanies Familie bestand schon seit vielen Jahren. Die junge Westernreiterin und ihn verband vor allem die Liebe zu Pferden. «Sie hat tagelang mit niemandem gesprochen und nur bei ihrem Pferd im Stall gesessen», sagte der Seelsorger der «Bild am Sonntag». Dort durfte sie weinen, ohne ihre Liebsten damit noch trauriger zu machen.

Es war Papes Idee, Stefanies letzte 296 Tage in einem Tagebuch zu dokumentieren und später als Buch zu veröffentlichen. Sie schrieb ständig Briefe, um den Kontakt zu ihren Freunden aufrechtzuerhalten. Antworten bekam sie nur selten. Seitdem notierte sie, was sie unternahm und dachte. Wie viel sie wog und wie sie sich immer schlechter fühlte. Sie stellte eine To-do-Liste mit Dingen auf, die sie vor ihrem Tod noch machen wollte. «Omas Pflaumenkuchen essen, durch den McDrive reiten, in die Disco gehen.» Es waren kleine Wünsche, von denen sich die Schülerin nicht jeden erfüllen konnte. Für eine Paris-Reise zur Mona Lisa war ihr Leben leider zu kurz.

Im Dezember 2014 endete Stefanies langer Kampf: Am zweiten Weihnachtsfeiertag entschied sie, keine Medikamente mehr zu nehmen. Sie wog nur noch 48 Kilogramm bei einer Grösse von 1,69 Meter.

Zwei Tage später war der Atem der 15-Jährigen schon am frühen Morgen flach. Ihre Schwester Lola und ihre Eltern bereiteten das Heubett im Stall vor, Frank Pape trug die in Decken gekuschelte Stefanie zu ihrem Pferd. «Sie
lächelte und war froh, bei Luna zu sein. Das Pferd war ihr heilig», sagt Pape. Die Stute wich nicht von Stefanies Seite, bis sie um 16.08 Uhr friedlich einschlief.

So, wie sie es sich gewünscht hatte.