
Aus Daniel (kl. Bild) wurde Mädchen Danni mit langem Haar, die sich mit ihrer Mama Kerry zeigt, die stolz auf ihr Kind ist.
Geschlechtsvariante
Mit drei Jahren ein Junge, mit sechs Jahren ein Mädchen
Das jüngste Transkind der Welt wollte schon früh kein Bub mehr sein und sich sogar verstümmeln. Die Eltern standen vor einer schwierigen Situation.
Es war eine schockierende Szene für die Schottin Kerry McFadyen (32): Sie kam ins Badezimmer und erblickte dort ihren damals dreijährigen Sohn Daniel, der sich mit einer Schere das Geschlechtsteil abschneiden wollte. Sie entriss sie ihm und sagte ganz ruhig, dass er sich so schrecklich wehtun würde. Nach dem Grund gefragt, warum er das machen wollte, sagte er: «Ich will diesen Pipi-Mann nicht mehr, weil ich ein Mädchen sein möchte!» Die Mutter drückte ihren Buben ganz fest an sich. Doch auch wenn sie die Situation lösen konnte, die Szene beschäftigte sie immer wieder. «Es war sehr traurig, ihn so zu sehen. Keine Mutter könnte das ertragen.»
Daniel haderte schon von klein auf mit seinem Geschlecht. «Als Junge war er zurückgezogen und unglücklich», erinnert sich Kerry McFadyen. Damals hielt sie die Schüchternheit für eine Phase. Jetzt erkannten sie und ihr Mann Craig (34), dass ein ernsthaftes Problem ihren Buben beschäftigte. Die Eltern beschlossen, Ärzte um Hilfe zu bitten.
In einer Klinik wurde diagnostiziert: Daniel hat eine Geschlechtsidentitäts-Störung*. Das bedeutet: Sein biologisches und sein gefühltes Geschlecht stimmen nicht überein. Daniel ist mit mittlerweile sechs Jahren der jüngste Transgender Europas. Die Familie war froh, dass sie wusste, was in Daniel vorging. Die Situation war aber auch eine Herausforderung, denn Daniel wollte fortan als Mädchen leben. «Wir waren besorgt, dass er in der Schule gehänselt würde», sagt die Mutter. «Aber schliesslich waren wir einverstanden, Daniel zu unterstützen, weil er sich nichts sehnlicher wünschte, als ein Mädchen zu sein.»
Die Ärzte erklärten, man könne dem Kind Medikamente geben, um die Pubertät zu verschieben, aber auch weibliche Hormone, die die Ausschüttung männlicher Hormone unterdrückten. Mit 18 wird Daniel dann auch eine operative Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen. Seine vier Geschwister wollten ihrem Bruder ebenfalls helfen. Seither nennt jeder Daniel bei seinem Mädchennamen Danni. Die Eltern informierten die Lehrer und schrieben Dannis Mitschülerinnen und Mitschülern einen Brief mit den entsprechenden Informationen. Die Schule liess sogar Unisex-Toiletten einrichten, damit sich Danni wohlfühlte. Sie bekam daheim ein richtiges Mädchenzimmer und liess sich die Haare wachsen. Die Mama versicherte ihr zwar, dass sie sich jederzeit umentscheiden könne, aber bislang ist das überhaupt kein Thema.
Zu ihrem letzten Geburtstag bekam Danni eine Barbiepuppe und einen Puppenwagen. «Es war schwer und dauerte eine Weile, bis ich mich von Daniel verabschiedet hatte», meint die Mutter. Sie und ihr Mann hätten sogar einige Freunde verloren. «Sie sind nicht einverstanden damit, dass ich mein Kind in seinem grössten Wunsch unterstütze, da sie den Zeitpunkt für verfrüht halten.» Doch ihre Tochter sei jetzt glücklich, ein echter Sonnenschein. «Mein Mann und ich merken, dass wir das Richtige getan haben.»
Und darüber, was andere denken, macht sie sich auch keine Gedanken mehr. «Keiner käme darauf, dass Danni mal ein Junge war, wenn er es nicht wüsste», sagt die Mutter. «Danni soll sie selbst sein. Nur ihr Glück allein ist für uns wichtig!»
*Es erreichte uns folgender Kommentar des Transgender Networks Switzerland:
Transgender Network Switzerland begrüsst diesen wichtigen Artikel ausdrücklich. Kinder entdecken ihre Geschlechtsidentität mit ca. 3-4 Jahren und wissen dann sehr genau, ob sie Mädchen oder.Buben sind. Gut, dass die Eltern ihr Kind unterstützen und begleiten, denn das ist in dem Prozess das wichtigste – und leider oft nicht selbstverständlich.
Eine Anmerkung zur Wortwahl:
Transidentität ist angeboren und daher nicht als Störung, sondern als Geschlechtsvariante zu betrachten.
Und man redet besser von «Geschlechtsangleichung» statt -umwandlung, denn umwandeln lässt sich der Körper nicht, nur weitgehend angleichen.
Weitere Infos und Beratung auf www.tgns.ch