Natascha Kampusch
Loreley ist ihr einziger Trost
13 Jahre nach der Flucht vor ihrem Entführer wird Natascha Kampusch im Internet bedroht und beschimpft. Abschalten kann sie bei ihrem geliebten Pferd.
«Stirb endlich!», schreiben sie. Oder: «Geh zurück in den Keller!» Warum nur dieser Hass? Vor 13 Jahren sorgte Natascha Kampusch (31) weltweit für Schlagzeilen, als sie nach fast achteinhalb Jahren Gefangenschaft aus dem Haus ihres Entführers Wolfgang Priklopil († 44) fliehen konnte. Jetzt hat sie ein neues Buch geschrieben – über all die Hass-Kommentare und Feindseligkeit, die ihr seitdem vor allem in sozialen Medien entgegenschlagen.
Natascha Kampusch lebt in Wien. «Wenn ich zurückblicke auf die vergangenen Jahre, dann waren die Anfeindungen das Schlimmste», sagt sie. «Ich habe so viele Anzeigen erstattet, aber nie ist etwas passiert, weil sich alle immer in Grauzonen bewegt haben», erzählte sie in «Bild». Wenn ihr jemand «geh sterben» schrieb, dann wertete die Polizei das als eine Art Vorschlag, nicht als akute Bedrohung. «Irgendwann war ich es leid.»
Was sie am meisten trifft: Wenn die fast immer anonymen Schreiber ihre Geschichte anzweifeln. Hämisch fragen, warum sie denn als Kind nicht früher geflüchtet sei. Sätze posten wie: «Am meisten stinkt der angebliche Selbstmord von Priklopil.» Ihr Entführer hatte sich umgebracht, als Natascha Kampusch geflüchtet und alles aufgeflogen war.
Was dem einstigen Entführungsopfer hilft in schweren Tagen, ist ihre neu entdeckte Leidenschaft für das Reiten und Stute Loreley. «Die Beziehung zu einem Pferd ist so schön leicht und unkompliziert», sagt sie. «Man verwöhnt es und wird dafür dankbar angelächelt. In der Welt da draussen habe ich gelernt, die abwertenden Blicke zu ignorieren und nur noch die wahrzunehmen, die nett zu mir sind. Und Loreley ist einfach immer nett.»
Vier bis fünf Stunden täglich ist Natascha Kampusch bei Loreley, geniesst die Zeit. Einen Freund hat sie nicht. Manchmal stellt sie sich trotzdem vor, wie es wäre, eines Tages Mutter zu werden. «Der Kinderwunsch war immer da», sagt sie. «Aber es braucht auch eine reale Grundlage – und die gibt es einfach nicht.» Sie ist nicht auf der Suche, aber vielleicht findet sie bald den Richtigen.