Gefährlicher «Müll»
Um den Wald sauber zu halten, will Kerstin einen illegal deponierten Abfallbehälter zur Entsorgung mitnehmen. Doch darin hat es ein Wespennest – mit schmerzhaften Folgen für sie.
Es war wie im Horrorfilm!», erzählt Kerstin. Die Erinnerung schüttelt die Bürokauffrau aus dem hessischen Immenhausen (D) immer noch: Sie ist auf einem Waldspaziergang, als sie einen grünen Behälter für Gartenabfälle entdeckt, den Unbekannte in der Natur entsorgt haben. Sie ärgert sich, will den Behälter mitnehmen und korrekt entsorgen. Doch als sie einen Blick in den Sack wirft, entdeckt sie ein Wespennest, das jemand auf diese Art loswerden wollte. Dieses ist immer noch voll bewohnt, die Tiere gehen unverzüglich auf Kerstin los. Ein ganzer Schwarm stechwütiger Insekten fällt über sie her: Mindestens 50-mal wird die Frau gestochen. «Angefühlt hat es sich nach weit mehr, und es kamen ständig neue Wespen hinzu.»
Unter grossen Schmerzen sowie mit Atemnot und Schwindel kann sich die 56-Jährige aus dem Wald retten: «Meine Hände waren verkrampft, ich konnte kaum sprechen.» Vor dem Haus ihres Nachbarn bricht sie zusammen. In der Klinik wird das Ausmass der Attacke deutlich: Rücken und Hals sind übersät mit Stichen. Noch wochenlang leidet sie unter dem Jucken und Brennen. Kerstin ist wütend: «Das kann doch alles nicht wahr sein! Wer bringt hier ein Wespennest raus?»
Sie erstattet Anzeige bei der Polizei. Und die macht deutlich: Ein Wespennest zu entsorgen, ist kein Kavaliersdelikt. «Wir ermitteln wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verstosses gegen das Bundesnaturschutzgesetz», erläutern die Beamten. Auf den Täter könnte sogar eine hohe Geldstrafe zukommen: «Es ist nicht erlaubt, das Nest einer wild lebenden Tierart einfach so zu entfernen. Wir sind auf Zeugenhinweise angewiesen.»
Neben den Verletzungen, die Kerstin davongetragen hat, ist diese Art der Entsorgung auch für die Wespen Tierquälerei. Insektenkundler Klaus-Berndt Nickel sagt: «Das ist unverantwortlich, die Tiere sind zum Tode verurteilt, weil der Sack zugemacht wurde.» Nur ausgewiesene Fachleute dürfen Nester von Brummern umsiedeln oder zerstören.»
Kerstin vermutet indessen, dass der Täter aus ihrer Nachbarschaft kommt. Zum Glück ist sie als Wespenopfer keine Allergikerin: «Es hätte schlimmer ausgehen können. Wenn ich gegen Wespen eine Allergie hätte, wäre ich jetzt wohl nicht mehr am Leben.»