Larynxpapillomatose
Die kleine Lia kann stündlich ersticken
Das fünfjährige Mädchen leidet an einer der seltensten Erkrankungen. Ihre Eltern leben in ständiger Angst, ihr Kind könnte sterben.
Für Franziska M. (33) und Ronny D. (32) war es wieder einmal eine unruhige Nacht. Sie konnten einfach nicht einschlafen. Zu gross ist die Angst der Eltern, dass ihrer kleinen Tochter Lia (5) im Schlaf etwas passiert. Dass sie erstickt – denn das ist leider jederzeit möglich!
Lia leidet an einer der seltensten Erkrankungen der Welt: Larynxpapillomatose. Dabei greift ein Virus die Kehlkopfschleimhäute an. Es entstehen Wucherungen, die so gross werden können, dass sie dem betroffenen Patienten die Kehle zuschnüren. Eine schnelle Notoperation ist dann die einzige Rettung vor dem sicheren Erstickungstod.
Die Sorgen der Eltern begannen, als Lia gerade einmal zwei Jahre alt war. Mama Franziska erinnert sich: «Sie sprach ihre ersten zaghaften Worte. Natürlich waren wir selig darüber. Doch alles klang so heiser und kratzig.» Besorgt suchten die Eltern gleich mehrere Ärzte auf. Zunächst glaubten die Mediziner an eine einfache Erkältung, später behandelte sie ein Arzt auf vermeintliche Stimmbandknötchen. Doch die tatsächliche Diagnose war viel schlimmer: Das Mädchen ist unheilbar krank.
Eine intensive Untersuchung in der Universitätsklinik von Leipzig (D) brachte die Wahrheit ans Licht. «Wir fielen aus allen Wolken», sagt der Vater. Das Leben der kleinen Familie änderte sich von einer Sekunde auf die nächste. Ein normaler Alltag ist seither kaum mehr möglich. Lia muss ständig überwacht werden – auch nachts. Die gutartigen Tumore, die der Virus verursacht, wachsen mal schneller, mal langsamer. Papa Ronny: «In der ersten Zeit nach der Diagnose haben wir uns ständig beim Schlafen abgewechselt, lauschten, ob unsere Lia noch atmet, ob sie noch lebt.» Ein Horror für jedes Elternpaar. Lia ahnte nichts von Mamas und Papas Ängsten. Sie ist so ein tapferes Mädchen. Auch deshalb wollen die Eltern, wann immer es geht, ihrer Tochter eine Freude machen und ihr ein normales Leben ermöglichen.
Doch selbst das kann in einer Katastrophe enden. Die Mutter erzählt: «Einmal in all der Zeit gönnten wir uns Familienferien, fuhren nach Ungarn. Doch in nur einer Woche waren die Tumore auf eine lebensbedrohliche Grösse angewachsen.» In solchen Momenten muss Lia sofort ins Spital. Unter Vollnarkose wurden die Wucherungen am Kehlkopf abgeschabt oder mittels Lasertherapie beseitigt, damit Lia weiteratmen und -leben kann.
Unfassbare 43 Mal musste das kleine Mädchen diese Tortur schon über sich ergehen lassen. Und hat doch den Lebensmut nicht verloren. «Lia ist grundsätzlich quirlig und aufgeweckt. Am liebsten hört sie Musik, vor allem Schlager von Andreas Gabalier und Ella Endlich», sagt die Mutter.
Zu gerne würde Lia mitsingen. Doch das bleibt ihr leider verwehrt. Denn die Tumore und die Operationen haben natürlich Auswirkungen: Jeder Eingriff hinterlässt auf den Stimmbändern kleine Narben. «Deshalb klingt ihre Stimme sehr hell, ein bisschen wie Donald Duck. Aber wir verstehen unsere Lia bestens», sagt Papa Ronny.
Ihre Eltern bewundern Lia für ihre Fröhlichkeit und hoffen, dass sie doch irgendwann einmal ein ganz normales Leben führen kann. Seit zwei Jahren trägt sie eine ständige Kanüle am Hals. Darüber bekommt Lia bis zu 15 Mal pro Tag beruhigende Medikamente, in der Hoffnung, dass die Tumore langsamer wachsen. Und es gibt einen letzten Lichtblick: «In der Pubertät kann der Virus verschwinden. Die Chance liegt bei 50 Prozent», erklärt der Vater: «Bis dahin muss Lia durchhalten.»