«Dank Mama habe ich meine Lebensfreude zurück»
Nach einem Unfall dachte der gelähmte Marcel sogar an Selbstmord. Doch Mutter Bettina schenkte ihm neue Zuversicht.
Wenn Marcel (36) in Görlitz (D) quirlig durch die Fussgängerzone rollt, sprüht er nur so vor Lebensfreude. Darauf angesprochen, sagt er mit einem Strahlen in den Augen: «Dank meiner Mutter habe ich mein Schicksal bezwungen und freue mich auf jeden neuen Tag.» Das war beileibe nicht immer so. Als er von der schlimmsten Zeit seines Lebens erzählt, legen sich Schatten auf sein sonst so fröhliches Gesicht: «Es war im Jahr 2000 anlässlich von Ferien in Tunesien. Als ich mit meinem Bruder Marcus am frühen Abend im Hotel ankam, bin ich gleich übermütig in den Pool gehüpft», erinnert sich Marcel an den Tag, der sein Leben so dramatisch veränderte. Beim Sprung in den Pool knallte er mit dem Kopf auf den Boden, sein Körper trieb reglos auf dem Wasser. Marcus war sofort zur Stelle, zerrte ihn an den Beckenrand. Noch in Tunis wurde Marcel notoperiert und eine Woche später nach Köln ausgeflogen. «Erst hier habe ich die ganze Katastrophe erkannt: Ich war ab dem Brustwirbel gelähmt. Und es gab keine Chance, dass sich das jemals ändern würde.»
Mit dieser Situation kam der einst begeisterte Fussballspieler überhaupt nicht zurecht. Als er seine Coiffeurlehre aufgeben musste und dann auch noch
von seiner damaligen Freundin verlassen wurde, hatte er nur ein Ziel: den Tod. «Ich habe versucht, mit Alkohol und Drogen auch das letzte bisschen Leben in mir auszulöschen», erinnert er sich. So liess er auch die neun Monate Reha mut- und tatenlos verstreichen: «Ich habe jede Therapie verweigert, mich total hängen lassen.» Wieder zu Hause, vegetierte Marcel verzweifelt vor sich hin, bis endlich die Worte seiner Mutter Bettina (54) zu ihm durchdrangen. «Ich habe stundenlang auf ihn eingeredet, habe immer wieder an ihn appelliert, sein Schicksal anzunehmen und zu versuchen, auch im Rollstuhl glücklich zu sein. Schliesslich konnte ich ihn irgendwann wenigstens dazu bringen, eine Ausbildung zum Kaufmann zu beginnen.»
Mit ihrem Rat und ihrer unermüdlichen Fürsorge schenkte Bettina ihrem Sohn tatsächlich ein zweites Leben. Der regelmässige Tagesablauf, die Bestätigung im Job taten Marcel gut. Ganz langsam begann er, sich auf dieses neue, so völlig andere Leben einzulassen. Der Rollstuhl war nicht länger ein Feind, er traf sich wieder mit Freunden, ging aus und verliebte sich sogar frisch, in Viktoria. «Wir sind ein Dreamteam. Und ich habe erfahren, dass man mit entsprechender Hilfe auch als Behinderter viel unternehmen kann. Ohne Mama wäre das alles nie passiert.»
Und dann erinnert er sich mit einem Schmunzeln: «Wie sagte meine Mutter doch so schön? ‹Man kann auch glücklich durchs Leben rollen.› Heute weiss ich, dass sie recht hat. Mir geht es wieder richtig gut. Auch die Liebe zu Viktoria verleiht mir Flügel. Ich glaube wieder fest daran, dass das Leben noch viele schöne Momente für mich bereithält.»