Napoleon und das Raclette Rätsel

Zermatt ist Matterhorn – und noch viel mehr. ­Ex-Concierge Franz-Josef Imboden weiss fast alles über das weltberühmte Dorf. Etwa, wer das Raclette erfand.

Von Sonja Hüsler

Geht’s eigentlich noch?! Im autofreien Zermatt VS rollt ein Auto vorbei. Franz-Josef Imboden schmunzelt. Diese Reaktion kennt er. Touristen reagieren oft so. 

«In Zermatt gibt es vier PWs, sie gehören Ärzten», klärt er auf. Und liefert weitere Zahlen: 560 Elektroautos sind immatrikuliert, davon 55 Taxis, die im Besitz von etwa vier Familien sind. 

So ein Wägelchen sei «fiirtiir», es koste um die 80 000 Franken. Was bitte sind sie? «Sagenhaft teuer. ‹Fiirtiir› ist Dialekt und bedeutet feuerteuer. Es stammt aus einer Zeit, als Schwefelhölzer, die Vorgänger der Zündhölzli, noch eine Rarität und eben sehr teuer waren.»

Franz-Josef Imboden steht mit seinen Gästen vor dem Hotel Monte Rosa, dem ältesten Hotel im Ort. 

Bis 2013 arbeitete er vis-à-vis im ­Luxushotel Zermatterhof als Chef-­Concierge. Zwölf Jahre stand er gar den Clefs d’Or Suisse als Vizepräsident vor. 

Die schweizerische Vereinigung der Concierges ist ein weltweites Netzwerk, das 1929 vom Walliser Ferdinand Gillet gegründet wurde. 

Darauf ist Franz-Josef Imboden stolz. Wie auch auf sein Tal. Er stammt aus St. Niklaus, das 15 Auto­minuten von Zermatt entfernt liegt – doch kaum jemand kennt Zermatt so gut wie er. 

Jeden Dienstag und Mittwoch zeigt der 75-Jährige Gästen aus aller Welt in zwei Stunden sein ­Zermatt und erzählt, wie der Engländer Edward Whymper am 14. Juli 1865 vom Hotel Monte Rosa zur Erstbesteigung des Matterhorns aufbrach und danach immer in diesem Haus abgestiegen sei, weil es ihm nach sechs gescheiterten Versuchen doch noch Glück brachte.

Und er weiss auch, dass das Raclette hier im Wallis erfunden wurde und nicht etwa in der Innerschweiz, wie auch manchmal vermutet wird. 

Im Jahr 1796 waren 40 000 Soldaten aus ­Napoleons Armee unterwegs nach Rom und legten in Visp eine Rast ein. Auf der Moosalp sollen einige einem Senn einen Laib Käse abgekauft und über dem Feuer auf einer Steinplatte geröstet haben. 

«‹Raclette› ist Französisch und heisst nichts anderes als ‹Kratzer› oder ‹Schaber›», erklärt Franz-Josef Imboden, der noch fast täglich auf den Skis steht und für die längste Abfahrt der Welt (25 Kilometer vom Klein Matterhorn nach Zermatt) nur 19 Minuten braucht. 

Noch ein paar Zahlen gefällig? ­«Circa 1600 Schneekanonen beschneien 260 von 360 Pistenkilometern. Im November wird gestartet, danach kommt Frau Holle zum Einsatz und ist für das Finish zuständig.»

Superlative machen Franz-Josef ­Imboden Spass. Kein Wunder, liegt der höchste Skilift doch auf 3899 m ü. Meer. «Deshalb darf Zermatt mit dem Slogan ‹Höchstes Skigebiet Europas› werben.» 

Auch Gourmets kommen im Walliser Bergort – mit oder ohne Latten an den Füssen – nicht zu kurz: In Zermatt gibt es nämlich die höchste Dichte an Gourmetrestaurants in den Alpen.