Viktor Giacobbo und Mike Müller
Zwischen Respekt und Coolness
Der eine macht’s zum ersten, der andere zum zweiten Mal: Die Tour mit dem Circus Knie steht für das Satiriker-Duo kurz bevor. Die Befindlichkeiten sind unterschiedlich.
Am 1. März beziehen Viktor Giacobbo (67) und Mike Müller (55) ihre Wohnwagen. Dann werden sie richtig im Circus ankommen. Ursprünglich hatte der Knie seinen Gaststars Hotelzimmer zur Übernachtung während der fünfmonatigen Tournee (ab 21.3., Tickets: www.knie.ch) angeboten. Doch die beiden lehnten strikt ab: «Da würden wir ja einen grossen Teil des Zirkuslebens gar nicht erfahren», sagt Müller. Und auch Giacobbo will mitten im Geschehen sein.
Er kennt die Familie Knie seit seinem ersten Engagement 2006 sehr gut: «Wir sind befreundet, hier herrscht eine familiäre Atmosphäre, die Hierarchien sind flach. Es ist immer jemand da, der gerne hilft – so zu arbeiten macht Spass.» Man habe grosses Vertrauen in sie. «Den Knies ist es egal, was wir machen, solange es gut ist. Hier ist zuerst einmal einfach alles okay. ‹Ihr braucht ein Pferd? Hier ist es.› Wir könnten nicht an einem Ort arbeiten, an dem alles kompliziert und nichts möglich ist.» So will denn auch kein Pressebeauftragter wissen, was die GlücksPost mit Giacobbo/Müller vorhat. «Die entscheiden selbst», heisst es auf die vorsichtshalber gestellte Nachfrage.
Für viele Künstler kommt eine Verpflichtung beim Schweizer Nationalcircus einem Ritterschlag gleich. Zur 100-Jahre-Jubiläumstour ist Giacobbo nun schon zum zweiten Mal in der Knie-Manege. Man merkt es ihm an, er fühlt sich hier zu Hause, wirkt total entspannt. Müller ist da noch etwas unsicherer. «Ständig warnt man mich vor dem, was kommt», meint er lachend. «Viktor weiss ja bereits, wie alles geht, da bin ich jetzt schon der Depp.» Nervös sei er aber nicht. «Ich habe Respekt, weil ich nicht weiss, was kommt.» Auch was den Ritterschlag betrifft, ist er zurückhaltend: «Noch haben wir keine Leistung gezeigt.»
Und kein einziges Mal in der Manege geprobt. Bisher steht ihr Programm lediglich auf Papier. Für den Knie steigen die beiden Satiriker nochmals in die Kostüme der beliebtesten Figuren aus ihrer Late-Night-Show «Giacobbo/Müller», die sie vor zweieinhalb Jahren beim Schweizer Fernsehen beendet haben. Gibt es kein Wegkommen von Fredi Hinz, Hanspeter Burri und Co.? «Wir können nichts anderes», scherzt Giacobbo. «Weisst du, wie gerne ich nackt am Trapez fliegen würde?»
Die beiden glauben, dass ihre diversen Alter Egos genau richtig sind für die fünf bis sechs Einsätze, die sie pro Abend haben. «Die Figuren verleiden uns nie, weil man mit ihnen immer etwas Neues machen kann. Nur schon, dass sie im Zirkus sind, eröffnet ganz neue Möglichkeiten.» Müller ergänzt: «Wir gehen gut munitioniert raus. Ob alles in der Manege funktioniert, wissen wir natürlich nicht, man kann nicht alles vorausplanen. Es gibt sicher noch den einen oder anderen Feinschliff.»
Vor allem bei der Arbeit mit dem Publikum: Wie einzelne Zuschauer darauf reagieren, dass sie plötzlich in einer Giacobbo/Müller-Nummer stecken, lässt sich schlecht vorhersagen. «Da müssen wir dann halt adaptieren.» Giacobbo beruhigt: «Man erhält einen Blick für Leute, die nicht mitmachen wollen. Mike, das bekommst du auch raus. Wir führen niemanden vor.»
Wenn, dann allenfalls ihre Arbeitgeber. Auch in Sachen Humor haben Giacobbo/Müller und die Familie Knie das Heu auf der gleichen Bühne. Giacobbo: «Bei meinem ersten Mal im Knie zettelte ich mit den marokkanischen Mitarbeitern eine Revolution gegen den Zirkusdirektor an. Die Marokkaner waren schon etwas unsicher, denn sie sind sich ja nicht gewohnt, gegen den Chef zu agieren. Doch Fredy jr. machte mit, kam als edler Reiter auf dem Pferd raus und gebot dem Ganzen Einhalt.» Man darf gespannt sein, wer diesmal dran glauben muss.