Stefan Kurt
«Zurück in die Heimat – warum nicht?»
In einer aufwühlenden Rolle ist der Berner im Kinofilm «Jagdzeit» zu sehen. Über Angebote aus seinem Geburtsland freut sich der Wahlberliner speziell. Und da es so gut läuft, ist ein Zweitwohnsitz in der Schweiz für ihn denkbar.
Schön sei es, in seinem Heimatland wahrgenommen und gebucht zu werden. Das sagte Stefan Kurt (60), der seit über 30 Jahren in Berlin lebt, im Sommer 2018. Und zeigte sich hocherfreut – über den Erfolg des Kinofilms «Papa Moll», in dem er in der Titelrolle brillierte, und über das anstehende Engagement für das Casinotheater Winterthur in der komischen Operette «Die Rache der Fledermaus».
Das ist anderthalb Jahre später nicht anders. Er erhalte nach wie vor tolle Angebote aus der Schweiz, stellt der Schauspieler beim Interview mit der GlücksPost fest. So war er 2019 im gefeierten Historienfilm «Zwingli» mit dabei, aktuell ist seine Hauptrolle in «Jagdzeit» der Regisseurin Sabine Boss («Der Goalie bin ig»). Im Drama (ab 20. 2. im Kino) spielt er den Finanzchef einer Schweizer Firma – und liefert sich mit dem neu eingesetzten, deutschen CEO Werner Brockmann (Ulrich Tukur), der den Betrieb zukunftstauglich umstrukturieren soll, einen Kampf auf Leben und Tod.
Bei unserem Treffen in Solothurn wirkt Stefan Kurt, adrett gekleidet in Anzug und Krawatte, als käme er gerade vom «Jagdzeit»-Set. Er wirkt zufrieden, auch mit dem Film. «Wäre ich ein Manager, wäre ich wohl so wie mein Charakter, Alexander Maier.» Fleissig, korrekt, etwas introvertiert. Trotz privatem und beruflichem Stress das Herz am rechten Fleck, das Wohl der anderen im Auge.
«Mich fasziniert dieses Duell zwischen den beiden Männern. Es ist wie ein Western, in dem mit Worten statt Waffen gekämpft wird.» Worte, die wehtun, verletzen und Maier in den Suizid treiben. Als Rache an seinem Peiniger hinterlässt er einen Abschiedsbrief, in dem er dessen fiese Machenschaften als Grund für seine Verzweiflungstat nennt. Die Parallelen zum realen Fall des «Zurich»-Finanzchefs Pierre Wauthier (†) sind gewollt.
«Jagdzeit» wühlt auf, auch Stefan Kurt. «Das ist schon heftig. Und ebenso faszinierend, so jemanden zu spielen – jemanden, der alles hat und alles verliert.» Dass es Menschen gibt, die einfach nicht mehr weiterwissen und als einzigen Ausweg den Tod sehen, erschüttert ihn. «Man möchte diesem Maier auf der Leinwand ‹zumööggen›: ‹Jetzt! Jetzt kannst du noch weg, jetzt ist noch Zeit! Geh!›» Doch es sei wie bei einer Fliege, die so lange gegen die gleiche Fensterscheibe knallt, bis sie nicht mehr kann. «Anstatt sich einmal umzudrehen und ins Dunkle zu fliegen.»
Auch er habe seine düsteren Phasen, in denen er manchmal melancholisch sein könne. Doch daran, seinem Dasein ein Ende zu setzen, habe er bisher noch nicht einmal gedacht. «Ich empfinde das Leben als Geschenk! Und schliesslich gehört es dazu, dass manchmal Wolken aufziehen.» Sein Partner, mit dem er seit 2012 verheiratet ist, fange ihn in solchen Situationen wieder auf. «Heute wird das alles totgeschwiegen. Es ist verrückt, wie wenig von solchen persönlichen Dramen nach aussen dringt.» Alles müsse funktionieren, alles perfekt sein. «Wir sollten uns wieder mehr auf das Menschsein besinnen. Zweifel sind okay. Man muss nicht immer auf alles eine Antwort haben.»
Je älter er wird, desto gefragter wird Kurt, dessen Schauspielkunst eine unglaubliche Bandbreite abdeckt. Ein Rücktritt oder eine Pensionierung ist nicht nur deshalb kein Thema für ihn: «Ich bin in der privilegierten Situation, dass meine Arbeit und meine Freizeit nicht voneinander getrennt sind.» Und da es ja jetzt in der Heimat so gut läuft, können er und sein Partner sich vorstellen, in der Schweiz eine zweite Wohnbasis einzurichten. «Wir sind am Planen, und ich würde dann pendeln.» Nach so vielen Jahren im deutschen «Exil» ist Stefan Kurt wieder zu Hause angekommen.