Zu sich selbst gefunden

Nach der Trennung von ihrer Schwester war die Schlager­sängerin auf sich alleine gestellt. Jetzt hat sie ein Soloalbum sowie ein Buch veröffentlicht. Auch privat ist sie glücklich wie nie

Von Irene Lustenberger

Sie waren 35 Jahre lang das Schlager-Schwestern-Duo schlechthin: Anita (47) und Alexandra ­Hofmann (50). Doch vor zwei Jahren trennten sich ihre musikalischen Wege und Anita startete ohne die ältere Schwester an ihrer Seite eine Solokarriere – wenn zuerst nicht ganz frei­willig. «2021 kam Alexandra zu mir und sagte, dass sie eine ­Firma gründen möchte – ohne mich. Mir war klar, dass es nun mit dem Duo vorbei ist», erinnert sie sich. Am Anfang sei das für sie ein Schock gewesen, weil sie bis dato immer gemeinsam unterwegs waren. «Deshalb habe ich mich intensiv um meine Solokarriere gekümmert und sieben Tage die Woche gear­beitet», resümiert Anita Hofmann. «Ich habe mich gefragt: Wer bin ich? Wie soll ­meine Musik klingen? Was passt zu mir?» 

Entstanden ist das Album «Voll auf Schlager». «Da stecken 100 % Schlager, 100 % Energie und 100 % Anita drin.» So sind auf dem Album viele tanzbare Songs – Tanzen ist ein Hobby von ihr –, und sie spielt viele Instrumente selbst. Unter anderem das Alphorn. «Ich habe einen Song für das Alphorn geschrieben, ‹Horn to be wild›. Das Alphorn ist ein traditionelles Instrument, aber ich spiele es rockig, modern und schnell», erklärt sie. Nebst Trompete spielt Anita Hofmann auf dem Album auch Ukulele. «Dieses Instrument habe ich mir zu Corona-Zeiten selbst beigebracht. Im Lied ‹Einfach so› singe ich über das, was ich mag, auf was ich pfeife und was ich will.»

Im Nachhinein ist die Schlagersängerin froh da­rüber, dass ihre Schwester und sie sich als Künstlerduo getrennt haben. «Die vergangenen zwei Jahre waren eine Reise zu mir selbst und die beste Lebensschule, die ich haben konnte. Ich hätte niemals von mir aus gewagt, den solis­ti­schen Weg zu beschreiten. Aber heute bin ich der Mensch, der ich schon immer war, aber nie sein konnte.» Während Corona hat sie ein Fernstudium in Wirtschaftsrecht und Buchhaltung abgeschlossen und macht nun alles alleine. So hat sie auch an zwölf der 13 Songs auf dem Album mitgeschrieben. Einer davon ist ihrem Vater Josef gewidmet. «Er ist am ersten Advent 2023 gestorben, und danach habe ich das Lied ‹Wenn Worte schweigen› geschrieben», erzählt sie.

Anita Hofmann hat nicht nur ein Album veröffentlicht, sondern ihre Erlebnisse der vergangenen Jahrzehnte auch in einem Buch verewigt, das den Titel «Sei einfach nur schön» trägt. «Ich habe mich mit mir und meinem Leben aus­einandergesetzt, ohne jeman­den persönlich an­zuprangern. Aber den Satz ‹Sei einfach nur schön› hörte ich oft», erklärt sie. Sie habe festgestellt, dass sie oft fremdbestimmt war. «Ich stand mit elf Jahren zum ersten Mal auf der Bühne. Und mein Umfeld hat nicht gesehen, dass aus der kleinen, elf­jährigen Anita eine erwachsene Frau geworden ist, die Ideen hat und die sich auch mitteilen, durch­setzen und verwirklichen möchte.» Da sie aber nicht der Typ sei, der ellbögelt, wurde sie nicht gehört und habe sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückgezogen. «Und das machte mich krank.» In ihrem Buch ­erzählt sie zum ersten Mal, dass sie unter schwerer Neurodermitis litt, magersüchtig war und Bulimie hatte. «Ich machte mich auf die Suche nach der Ursache der Krankheit und stellte fest, dass das erstens die Fremdbestimmung und zweitens die fehlende ­Liebe zu einem Mann waren.» 

Die Liebe hat sie mittler­weile gefunden. Seit fünf Jahren ist sie mit Christian Filip (50) liiert. Kennengelernt haben sich die beiden, als der Radiomoderator die Sängerin zu einem ­Interview einlud. «Und beim ersten privaten Treffen habe ich ihm in die Augen geschaut und mich sofort verliebt», erzählt sie. Die beiden wohnen im baden-württember­gischen Messkirch neben Schwester Alexandra. 

An ihrer Hochzeit am 30. Juli 2022 hat die Sängerin ihren Liebsten mit dem Song «Da bist du» überrascht, der ebenfalls auf dem Album zu finden ist. «Mit Christian kam die ­Sonne in mein Leben. Die ewige Suche ist vorbei, ich bin angekommen.» Bei ihm könne sie sein, wie sie sei und brauche sich nicht zu erklären. Sie hätten viele Gemeinsamkeiten. «Wir ­haben ­dieselben Bedürfnisse und Wertschätzung. Wir können 24 Stunden am Tag zusammen sein, es wird uns nie zu viel. Wir denken und fühlen gleich, sind seelenverwandt.»

Hat man Anita Hofmann am Telefon, glaubt man ihr kaum, dass sie früher schüchtern und zurückhaltend war. «Ich stand zwar gerne auf der Bühne, das Reden ist mir aber schwergefallen.» Dank ihrem Mann hat sie das Moderieren gelernt. Denn Christian Filip ist nicht nur Radiomoderator und Programmchef, sondern auch Moderationscoach. «Er hat mich unter seine Fittiche genommen und mir sowohl die re­daktionelle Arbeit wie auch das Moderieren beigebracht.» Mittlerweile führt die Sängerin sogar durch eine eigene Radiosendung. 

Nach all den Jahren an der Seite ihrer Schwester weiss Hofmann nun, wer sie ist und lebt ihr Leben nach ihren Bedürfnissen. «Ich habe gemerkt, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein.»