Röbi Koller
«Wenn ich zurückblicke, kann ich nur dankbar sein»
Seit 40 Jahren ist der Moderator aus der TV- und Radio-Welt nicht wegzudenken. Doch in wenigen Wochen steht sein 65. Geburtstag an: Rentenalter! Wie geht es nun mit «Happy Day» weiter? Und welche Pläne und Träume hat er?
Hier traf er sich mit einem Mädchen, dort trank er heimlich ein Bier: Im Zugerland verbrachte Röbi Koller (64) seine Teenager-Jahre, und so kommen beim Treffen auf dem Gottschalkenberg oberhalb des Ägerisees Heimatgefühle auf. «Die bleiben für immer», sagt der Moderator von «Happy Day» (29. 10., 20.10 Uhr) und zeigt uns gleich noch ein kleines, aber tonnenschweres Stück Familiengeschichte – einen Findling. «Dem grossen Förderer des Wanderns Fridolin Stocker 1898 – 1964», steht darauf. «Mein Grossvater», erklärt er. Stocker moderierte ab 1961 auf Radio Beromünster «Chumm und lueg dis Ländli a» und erfand mit Werner Vetterli und Elisabeth Schnell die legendären Radiowanderungen.
GlücksPost: Bedauern Sie, dass der Name Fridolin Stocker heute vielen nichts mehr sagt?
Röbi Koller: Nein, das ist nach so langer Zeit normal, er war ja keine riesige, nationale Berühmtheit. Hier in der Gegend erinnern sich sicher noch einige an ihn, weil er in Zug Lehrer war. Er schrieb auch Mundart-Hörspiele und Theaterstücke. Zudem war er Zentralpräsident der Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege.
Ein umtriebiger Mensch. Können Sie sich an ihn erinnern? Sie waren erst sieben Jahre alt, als er starb.
Vage. Ich meine, dass ich seine Stimme noch im Ohr habe, – ich erinnere mich an einen warmherzigen Mann, auch wenn er als Lehrer sicher streng sein konnte.
Mussten Sie – mit so einer familiären «Vorbelastung» – als Bub oft wandern gehen?
Nein, nie. Meine Mutter hatte Kinderlähmung, da konnte sie das nicht, und mein Vater hat sich angepasst. Wir waren allenfalls mal spazieren oder fuhren mit dem Auto zu einem Picknick.
Und wie sieht es heute aus?
Meine Frau Esther und ich wohnen in Zürich, haben aber ein Ferienhaus in Braunwald – da liegt das Wanderparadies direkt vor der Haustür, und das nutzen wir ziemlich oft. Wir geniessen es sehr, in der Natur zu sein, zu Fuss oder auch mit dem Velo.
Ein Naturfreund war auch Ihr Grossvater – Moderator und Autor wie Sie. Ihnen wurde das berufliche Talent wohl in die Wiege gelegt.
Möglich. Ich glaube schon, dass eine Art Seelenverwandtschaft da wäre, wenn er noch leben würde. Wobei ich das Lehrer-Gen nicht habe, da würde mir die Geduld mit den Schülern fehlen. Aber in den Medien kann man den Menschen ja auch etwas mitgeben – und hat mehr Ruhe dabei (lacht).
Das tun Sie seit 40 Jahren. Aber wie lange noch? Sie erreichen Ende November das Rentenalter, sagten aber mal, Sie würden mit «Happy Day» weitermachen, wenn das Schweizer Fernsehen Sie lässt.
Das gilt immer noch, und es wird weitergehen. Wir sind uns einig, dass ein gegenseitiges Bedürfnis da ist – die Sendung läuft gut, und mir macht es noch Spass.
Da hat das TV-Publikum Glück: Das SRF ist in Sachen Altersguillotine ja strenger geworden.
Bei «Happy Day» machen sie eine Ausnahme. Beim Radio – ich moderiere auf SRF 2 «Musik für einen Gast» – werde ich Ende Jahr verabschiedet.
Fällt Ihnen das schwer?
Ich bedaure es schon ein bisschen. Aber andererseits schafft das Platz für die Jungen, auch sie sollen sich entfalten können.
Haben Sie sich bei «Happy Day» selbst ein Alterslimit gesetzt?
Nein. Ich werde es sicher nicht bis 80 moderieren, aber ansonsten mache ich mir da im Moment keine grossen Gedanken. Wir lassen es nun mal weiterlaufen und schauen dann «vorzuä». Ich empfinde es als Privileg, dass ich diese schöne Arbeit noch weiterführen darf, das ist wirklich toll.
Sie haben es schon erwähnt: Die Quoten stimmen. Auch im Sommer bei «Quer – 20 Jahre danach» war das so. Was machen Sie richtig?
Das bin ja nicht nur ich alleine: Das Konzept muss stimmen, das Team gute Arbeit leisten. Da hatte ich bisher grosses Glück. Und natürlich sind auch die Emotionen in einer Sendung ein Erfolgsfaktor, sofern man die Menschen mit Respekt behandelt und nicht reisserisch ist. Das TV- Publikum hat ein feines Sensorium dafür, was echte Geschichten sind. Und genau solche suchen wir.
Apropos: Welche sind es im kommenden «Happy Day»?
Wir waren zum Beispiel mit einer Familie im Disneyland Paris. Eine Frau, die es im Leben wirklich schwer hatte, auch Gewalt erlebte, wollte ihrem jetzigen Mann für seine Unterstützung danken. Und zwei Teenager überraschen ihre Freundin, die so tapfer gegen den Krebs gekämpft hat, mit einem Privatkonzert von Musiker Kunz.
Trotz der guten Geschichten:
Sicher machen auch Sie als Person den Unterschied.
Das müssen andere sagen. Ich finde, man muss einfach sich selber sein, «gwundrig» bleiben, Menschen gern haben und den Job mit Freude machen. Ganz banal.
Sie werden – auch heute – oft angesprochen. Sehnen Sie sich manchmal nach weniger Popularität?
Nein, ich bin ja nicht Roger Federer und werde ständig belagert. Ich werde vielleicht ein paar Mal am Tag angesprochen. Zu 99,9 Prozent sind es sehr nette Begegnungen und Rückmeldungen, und das ist doch eigentlich etwas Schönes. Und ich habe ja Möglichkeiten, mich zurückzuziehen – daheim oder in Braunwald.
Sie hatten sich während der «Corona-Flaute» vorgenommen, auch in Zukunft etwas kürzer zutreten. Hat das geklappt?
Jäääh (lacht). Nicht so richtig, ein bisschen mehr runterfahren wäre schon das Ziel. Aber es war auch schon schlimmer.
Zumindest der Radio-Job entfällt ja bald. Welche Pläne haben Sie beruflich, abgesehen von «Happy Day»?
Ich möchte wieder Reisen begleiten, das ging ja zuletzt nicht. Aber ich war dieses Jahr als Botschafter für die Hilfsorganisation Comundo in Namibia, habe ein Schulprojekt besucht, wo Kinder mit Behinderung vorbildlich integriert werden. Ansonsten gibt es heutzutage ja viele Möglichkeiten, in meiner Branche etwas zu machen, sei es mit Podcasts oder in den sozialen Medien. Aber mal sehen.
Was auch kommt: Damit es weitergehen kann, müssen Sie auch fit bleiben. Wie sehr achten Sie auf Ihre Gesundheit?
Auf jeden Fall mehr als früher. Da ich seit meiner Jugend an Rheuma leide, mache ich sehr konsequent jeden Morgen eine halbe Stunde Dehn- und Kraftübungen.
Wie sieht es mit der Ernährung aus?
Meine Frau und ich kochen jeden Tag frisch, das ist ja gar nicht mehr so in Mode, mit all dem Convenience Food. Aber da sind wir altmodisch. Mal steht sie am Herd, mal ich, und es macht uns auch beiden Freude.
Wo wir vorhin über Ihren Grossvater sprachen: Er starb mit 65 an einem Herzinfarkt. Macht Ihnen das die eigene Endlichkeit bewusst?
Die ist mir sowieso bewusst. Ich befasse mich schon länger immer wieder mit dem Tod. Er hat für mich keinen Schrecken. Natürlich will niemand leiden oder lange krank sein. Aber die Aussicht zu haben, in eine andere Welt zu gehen, macht mir keine Angst. Wir wissen ja nicht, was passiert. Ich persönlich glaube, dass «dött äne» auch wieder etwas ist. Angst macht mir eher, jemanden zu verlieren. Derjenige, der zurückbleibt, hat am Ende ja die Trauerarbeit.
Das ist hoffentlich alles noch in weiter Ferne. Haben Sie einen Traum, den Sie sich noch erfüllen wollen?
Ich würde gerne noch etwas reisen. Nicht nur zwei, drei Wochen an einem Ort sein, sondern zwei, drei Monate.
Was wäre Ihre Traumdestination?
Esther und ich waren zum Beispiel immer gerne in den USA. Über die dortige Politik kann man sich streiten, aber es ist ein grossartiges Reiseland, so unkompliziert, so vielfältig. Generell Nordamerika. Und in Australien war ich noch nie, da braucht man allein schon wegen der Entfernung viel Zeit, und die hatte ich bisher nie. Das ist das Los des Selbständigen: Ich jongliere seit 20 Jahren mit Terminen. Aber ich will mich nicht beklagen.
Dann sind Sie zufrieden, wenn Sie auf Ihre Karriere zurückschauen?
Oh ja, ich hatte unglaubliches Glück, war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Natürlich habe ich auch etwas getan dafür, aber daneben müssen eben auch die Sterne richtig stehen. Ich kann schon mein ganzes Leben lang mit dem Geld verdienen, wofür ich eine Leidenschaft habe. Das ist das Schönste, ich kann nur dankbar sein.