Donghua Li
Wenn das Leben ein ständiger Kampf ist
Der Olympiasieger und Schweizer Turn-Star hat jüngst für einen der emotionalsten TV-Momente gesorgt. Weil das Leben ihm alles abverlangt, er aber trotz Kummer und Schmerz nie aufgibt.
Von Leo Lüthy
Wie viel Leid kann ein Mensch nur ertragen? Dies haben sich wohl Hunderttausende von TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer Mitte Dezember gefragt. Donghua Li (56) erzählt in der SRF-Serie «Champion der Champions» von seiner Kindheit in China, wo er als Jung-Turner gequält und geschunden wurde. Und er schildert den plötzlichen Tod seines einzigen Buben Janis (7): Der Kunstturn-Olympiasieger wischt sich die Tränen aus den Augen. Neben ihm weint die ehemalige Biathletin Selina Gasparin (40). Patty Schnyder (45) hält sich beide Hände vor das Gesicht und schluchzt. Rad-Star Franco Marvulli (46) rinnen Tränen über die Wangen. «Ich muss die Situation akzeptieren und weiterleben», sagt Li traurig. Das Sprechen fällt ihm mit jedem Wort schwerer – und die ganze Schweiz schnäuzt ins Nastuch.
Donghua Li erzählt der GlücksPost, dass er nach der Ausstrahlung dieser Szenen «unglaublich viele Reaktionen» erhalten habe. Nachrichten via E-Mail oder auch Whatsapp kamen rein. «Es ist sehr berührend, zu lesen, wie nahe ihnen meine Geschichte geht und wie die Menschen mir Trost zusprechen wollen.» Woher nur nimmt dieser Mann überhaupt die Kraft, all diese schweren Schicksalsschläge verarbeiten zu können? «Mein Leben ist von jung auf ein stetiger Kampf und Chrampf», sagt Donghua Li. «Das härtet halt schon ab mit der Zeit.»
Im Alter von 16 Jahren verletzte er sich in China während des Turnens lebensgefährlich, die linke Niere und die Milz mussten entfernt werden. Er kämpfte sich zurück – und dann rissen beide Achillessehnen und er landete im Rollstuhl. Aber ein Donghua Li steht immer wieder auf. So auch nach dem Tod seines Buben Janis, der vor fünf Jahren an den Folgen eines Tumors innert weniger Tage verstarb. «Das schwarze Loch schliesst sich langsam», sagt er heute. Janis erscheint ihm allerdings noch immer in seinen nächtlichen Träumen. «Wir spielen zusammen und lachen.» Diese Träume aber werden seltener, die Bilder verschwommener. Nur der Schmerz bleibt immer irgendwie. Donghua Li weiss nun, wie er damit umgehen kann. Er meditiert jeden Tag für mindestens eine halbe Stunde. In einem Zimmer ohne Fenster, ohne Licht, ohne Lärm. Es ist die volle Konzentration auf sein Ich. Die Kraft des positiven Denkens.
Schwerer Start bei uns
Donghua Li brauchte diese mentale Stärke schon einmal. Als er 1989 in die Schweiz einwanderte, wartete ausser seiner Ehefrau Esperanza niemand auf ihn. «Es war sehr schwierig, ich hatte grosses Heimweh. Wenn ich all das vorher schon gewusst hätte, wäre ich niemals hergekommen», weiss er. «An meinem ersten Wettkampf sagte ein Gegner: Du Sauhund, geh zurück nach China!» Li blieb und sollte der Schweiz später WM- und EM-Medaillen sowie Olympiagold im Pferdpauschen bescheren.
Vielleicht kommen bald weitere Sport-Medaillen dazu. Donghua Li hat sich intensivst dem Golf verschrieben und will im September Schweizermeister in der Kategorie «Pitch and Putt» werden. Die Chancen stehen gut. Und dann arbeitet Donghua Li auch noch immer an seinem Lieblingsprojekt. «Ich möchte einen Kinofilm produzieren», verrät er. «Es soll darin um mein früheres Leben in China gehen und wie man sich in einem paradiesischen Land wie der Schweiz von ganz unten hochkämpft.»