«Unsere Pausen verbringen wir im Kino»

Das Künstlerpaar erzählt offen über Höhen und Tiefen ihrer Beziehung - von Emils Gesundheitsproblemen bis hin zu Niccels unerfülltem Kinderwunsch. Ihre Liebe hat nicht nur alles überstanden, sondern vor allem viel Schönes erschaffen.

Von Aurelia Robles 

Der regnerische Tag kann der Gemüts­stimmung von Niccel (59) und Emil Steinberger (91) nichts ­anhaben. Farbenfroh gekleidet und mit bunten Regenschirmen schlendern sie gemein­sam durch Basel bis zum Tinguely-Brunnen. Hier geht das Paar oft ins Kino – bis fünfmal pro Monat –, ins Theater oder in die Kunsthalle. Im November kommt mit «Typisch Emil» ein Dokumentarfilm über das Leben des Kult-Kabarettisten in die Kinos. Mut, der unermüdliche Drang, sich immer wieder neu zu erfinden und natürlich auch die Liebe sind darin ­präsent. Seit 28 Jahren geht Emil seinen Weg gemeinsam mit Künstlerin und Lachexpertin ­Niccel, vor 25 Jahren haben sie ­geheiratet. 

GlücksPost: Bald kommt ein Kinofilm über Ihr Leben raus. Wie kann man Ihr Leben und Ihre Liebe in 120 Minuten verpacken?

Emil Steinberger: So etwas geht nur mit Zauberei. Und da braucht jeder Trick ­seine Vorbereitungszeit, da er sonst peinlich schieflaufen könnte. 10 Jahre Briefe­schreiben ist eine gute Vorbereitung auf eine Ehe. Und 70 Jahre Cabaret-Zeit bieten so viel Stoff, dass es sehr schwierig ist, da die richtigen Momente herauszu­picken, die die Menschen faszinieren könnten. Aber beides zusammen musste dann nur noch wie ein Blumenstrauss zusammen­gebunden werden. So ist der Film sehr bunt und lebendig geworden und wird nicht so schnell welken. Ein richtiger Kunst-Blumenstrauss, den man sich ­immer wieder anschauen kann.

Niccel Steinberger: Emils Leben und ­unsere Liebe kann man nur in allerfeinstes Geschenkpapier verpacken. Es war gar nicht so einfach, Emils 91 prall gefüllte, spannende Lebensjahre und unsere Liebe in einem Film wiederzugeben. Aber es ist dem jungen Filmteam zusammen mit uns gelungen, und die Fans dürfen sich auf einen Film freuen, bei dem sie vermutlich ein paar Tränchen vergiessen werden, aber auch viel zu lachen und zu staunen haben und Emil auch mal ganz privat kennen­lernen.

Wann haben Sie entschieden, ­zusammen durchs Leben zu gehen?

Niccel: Vermutlich 1996, als ich zu Emil nach New York kam. Ich durfte jeweils ­wegen des Visums nur drei Monate in den USA bleiben und musste immer wieder nach Deutschland zurück. Bei der vierten Einreise im selben Jahr haben sie mich am Flughafen rausgepickt und verhört.

Emil: Es war immer spannend, ob es Niccel durch die Immigration schafft. Je nachdem wäre die Zukunft anders gewesen. Auch ich wurde dann am Flughafen wie bei einem Gericht verhört. Irgendwann hob der Offizier drei Finger, was ich nicht deuten konnte. Und drei Minuten später war es Mitternacht und die Arbeitszeit der Offiziere vorbei und wir durften gehen.

Was passierte danach?

Niccel: Wir haben angefangen, alles besser zu regeln als im ersten Jahr. Wir wussten zwar, dass wir ein Paar sind, aber dennoch war es schwierig. Ich wollte bei ihm in New York sein und nicht in Köln. 

Emil: Ich wusste nie genau, wie ich sie ­neuen Leuten vorstellen soll. Nachdem wir ­geheiratet hatten, war es angenehmer, ab da konnte ich sagen: «Das ist meine Frau.»

Niccel:  Aber das war nicht der Grund zum Heiraten …

Emil: Neeeeiin. (Beide lachen.)

Sondern?

Emil: Die gegenseitige Achtung und Begeisterung. Die Liebesgefühle, das ist ja normal, dass die mitschwingen, aber es hat zwischen uns unglaubliche Harmonie gegeben. Wir haben gleich gedacht, gleich entschieden, am Gleichen Freude gehabt, gleiche Talente gehabt. Niccel wollte ja Clown werden, ich war Kabarettist. Sie kann gut zeichnen, malt, ich war Grafiker. Es gab so viele Parallelen. 

Niccel: Aber ich glaube, da kam noch ­etwas anderes dazu, wenn ich darf?

Emil: Ja, sei so gut. 

Niccel: In dem Jahr, in dem du mir den Heiratsantrag gemacht hast, ging es dir gesundheitlich gar nicht gut. Und du hast gemerkt, dass ich zu dir ­halte.

Was hatten Sie für Beschwerden?

Emil: Blöde Gelenkschwierig­keiten. Der Arzt sagte, sie seien unheil­bar, das ist ein grausames Urteil. Ab da haben wir alles ausprobiert, bis zum Wunderheiler in Österreich, der mir Spritzen ins Füdli jagte. 

Niccel: Emil konnte nicht einmal mehr den Schritt aufs Trottoir machen. Wir ­haben wirklich alles probiert. Rheuma­tische Klinik, Meniskusoperation, wir ­waren sogar einen Monat lang zusammen im Spital, wo ganzheitliche Therapien an ihm ausprobiert wurden. Dann haben wir im Welschland eine Französin kennen­gelernt. Sie hat Emil ausgependelt und nach ihren Aussagen mit seinen Zellen kommuniziert, um herauszufinden, ­woran es ihnen mangelt oder wovon sie zu viel haben. Nach zwei Stunden meinte sie: «Emil, ­bitte iss während vier Monaten keinerlei Milchprodukte.» 

Emil: Vier Monate später hatte ich keine Beschwerden mehr! Das war wirklich verrückt. Ich esse mittlerweile auch wieder Käse.