«Tradition ist unser Fundament»

Mit Oesch’s die Dritten tritt die Sängerin am Eidgenössischen Trachtenfest auf – jedoch nicht in traditionellen Trachten. Die Jodlerin erklärt, wieso das so ist und wie sie als Volksmusikgruppe ihre Wurzeln wahren, aber dennoch Neues ausprobieren können.

Von Aurelia Robles

Wo Menschen in Trachten zu sehen sind, wird traditionellerweise auch musiziert, gejodelt und gesungen – so natürlich auch am Eidgenössischen Trachtenfest in Zürich. Jodlerin und Sängerin Melanie Oesch (36) tritt mit der erfolgreichen Musikgruppe Oesch’s die Dritten am 29. Juni um 20 Uhr am Zürcher Bürkliplatz auf. Musik und Jodel liegen in ihrer Familientra­dition, das Tragen einer Originaltracht eher weniger.

GlücksPost: Sind Sie mit Oesch’s die Dritten am Eidgenössischen Trachtenfest für einmal in Trachten auf der Bühne zu sehen?

Melanie Oesch: Leider nein. Das heisst, wir treten in unseren trachtigen Bühnenoutfits, in denen wir seit rund 27 Jahren unterwegs sind, auf. Sie sind massgeschneidert und ebenfalls aus hochwertigen und langlebigen Materialien wie Samt, Leinen und Seide, oftmals mit Handstickereien versehen, aber eben stets ausgerichtet auf unseren Einsatzbereich. Wir werden immer wieder gefragt, warum wir nie in richtigen Trachten auf­treten. Viele verstehen es nicht.

Wieso ist es denn so?

Vorwiegend aus praktischem Grund. Un­sere Bühnenkleider sind unterschiedlich kombinierbar und zum Teil in mehreren Ausführungen vorhanden. Fast alle Teile sind eigens waschbar, was bei unserer Konzertdichte und der durchschnittlichen Auftrittslänge von rund 90 Minuten am Stück ein wichtiger Faktor ist. Eine Tracht will man richtig tragen, da gehören die richtigen Schuhe, Socken und der korrekte Schmuck dazu, auch eine passende Frisur. Mit Oesch’s die Dritten passen wir nicht in dieses Korsett. Als Band wollen wir optisch zusammenpassen und wir wollen auch, dass unsere Bühnenkleider musikalisch zu uns passen und unsere offene und vielseitige Art unterstreichen. 

Früher, als Kind, sind Sie aber in diesen aufgetreten.

Selten. Im «Chüjermutz», dem «Sennenhemd» oder wie wir sagen «Hupper», hatten wir bloss ein oder zwei Auftritte im Fern­sehen.

Mögen Sie privat Trachten?

Ich finde eine Frau oder einen Mann in Tracht etwas sehr Schönes. Trachten sind wertig und zeitlos. Und das Tragen löst bei mir grossen Respekt aus. Das sind zum Teil Kleidungsstücke, die über Generationen weitergegeben wurden und sehr alt sind. Manchmal wünschte ich mir, wir hätten in der Schweiz nebst den Originaltrachten auch solche, die alltagstauglicher und vielseitiger einsetzbar wären. In Österreich ­beispielsweise tragen viele ihre Dirndl oder Lederhosen ganz normal im Alltag, bei der Arbeit oder zu Geburtstagen oder Taufen. Nicht falsch verstehen, aber manchmal ist es so, wie wenn wir keinen alltäglichen Bezug mehr dazu haben – die Edelweiss-Hemden und Blusen natürlich ausgenommen.

Trachten werden innerhalb der Familie weitergegeben. Was sind bei Ihnen in der Familie Traditionen, die weitergegeben werden?

Volksmusik – und das Jassen. Ansonsten sind es für mich mehr Werte. Wertschätzung ist, glaube ich, das Wichtigste. Dass man einander Respekt entgegenbringt, also auch über die Generation hinweg, sowohl der älteren Generation wie auch der jüngeren, und sie nicht per se verurteilt. Auch eine gewisse Wertschätzung für Sachen, die wir hier haben, die vielleicht selbstverständlich wirken, aber es überhaupt nicht sind. Respekt zur Umwelt, für die Menschen, aber auch für das, was einfach so vor der Haustüre ist.

Was ist für Sie Heimat? 

Heimat ist für mich der Ort, wo man sich nicht erklären muss. Wo man einfach sein kann, wie man ist. Es ist ein Privileg, wenn man das hat. Ob es an den Ursprung oder an die Person geknüpft ist, spielt für mich keine Rolle. Es ist einfach ein schönes Gefühl, ein Wohlfühlen.