Susanne Kunz
«Ich wurde mit meinen Ängsten konfrontiert»
In «1 gegen 100» sprüht die Moderatorin vor Energie. Um das nicht zu verlieren, war sie auf der Suche nach einer Kraftquelle – und hat eine gefunden. Eine neue Ausbildung gab ihr innere Stärke. Auch, weil sie ihre Schwächen kennenlernte.
Kein Scheinwerferlicht, keine Fernsehkameras, dafür seltsam anmutende Geräte. «Hier sieht es aus wie in einer Folterkammer, nicht wahr?», fragt Susanne Kunz (38) und lacht.
Der Vergleich passt. Ein Ort des Schreckens sind diese Räumlichkeiten in Zürich für die Moderatorin von «1 gegen 100» (siehe Box) aber nicht – im Gegenteil. Es ist das Pilates-Studio, in dem sie die Leidenschaft für diese Sportart entdeckt hat. Und sie betreibt sie nicht nur nebenbei: Die TV-Frau, die mit Ehemann David Sohn Elfen (11) und Tochter Soane (6) hat, schliesst bald ihre Ausbildung zur Pilates-Lehrerin ab, gibt bereits Unterricht.
GlücksPost: Wie kam diese Begeisterung?
Susanne Kunz: Ich habe ursprünglich wegen Rückenschmerzen mit dem Sport angefangen. Zwar hatte ich erst Angst, dass ich das nicht kann, doch dann tat es mir nicht nur gut, es hat mir eine neue Welt eröffnet.
Inwiefern?
Nach jedem Training habe ich mich so wahnsinnig gut gefühlt, so geöffnet, beatmet, belebt – in jedem Winkel meines Körpers. Meine Lehrerin hat dann vorgeschlagen, eine Ausbildung zu machen. Ich hatte erst Zweifel, doch es war Zeit für eine neue Herausforderung, geistig und körperlich.
Zweieinhalb Jahre dauerte die Ausbildung. Wie erlebten Sie diese?
Einerseits war es sehr interessant, unsere ganze Anatomie kennenzulernen, Knochen, Muskeln, Biomechanik, Haltungsanalyse, alle Übungsserien auf allen Geräten lernen. Andererseits musste ich Komplexe überwinden.
Welche?
In der Ausbildung habe ich gemerkt, dass ich eigentlich ein sehr ängstlicher Mensch bin. Ich hatte von klein auf – ich weiss nicht warum – sehr wenig Vertrauen in meinen Körper, dachte immer erst einmal: «Das kann ich nicht.» Umso schöner ist es, wenn es doch geht. Aber natürlich gab es auch viel Frustration und Momente, wo ich mir gewünscht hätte, ich hätte nie angefangen.
Haben Sie auch etwas fürs Leben gelernt?
Körperlich mehr Selbstvertrauen zu haben und dass man viel erreichen kann, wenn man an einer Sache dranbleibt und sich mit seinen Ängsten konfrontiert. Es passiert ganz viel im Kopf, das ist mir noch mal klarer geworden.
Waren Sie vorher unzufriedener?
Vor allem hatte ich nach zwei Geburten, der Fernseharbeit und den «Elsbeth»-Bühnenstücken das Gefühl, es fehle mir an innerer Kraft. Physisch, aber nicht nur: Ich war zehn Jahre lang immer im Schuss. Nun wollte ich nicht nur Energie nach aussen verpuffen lassen, sondern etwas Introvertiertes tun, mich von innen heraus stärken.
Vom Fernsehen haben Sie aber nicht genug? Sie feiern 2017 immerhin Ihr 20-Jahr-Jubiläum!
Oh nein, das «Show-Rössli» in mir hat sich richtig gefreut, wieder «1 gegen 100» zu moderieren! Vielleicht hat es diesen Abstecher in die Körperwelt gebraucht: Das Feuer ist zwar nie erloschen, aber so wurde es nochmals neu entfacht. Dazu kommt, dass wir da ein tolles, familiäres Team sind. Wie ganz am Anfang bei «Oops» – es ist, als würde sich ein Kreis schliessen.
Was würden Sie der jungen Susanne Kunz rückblickend raten?
Ich hätte vielleicht entspannter und nicht so streng mit mir sein können. Ich habe damals innerlich stark über andere gerichtet und dementsprechend auch über mich selbst. Ich fand es etwas peinlich, mich am TV zu zeigen und habe mich für mein Glück fast geschämt, weil es mir zugeflogen ist, ohne dass ich viel dafür tun musste. Bei «Eiger, Mönch & Kunz» habe ich eigentlich gekündigt, weil ich mir beweisen wollte, dass ich auch mit Ungewissheit umgehen kann.
Sind Sie immer noch ein Glückskind?
Ja sehr, mir ist nie etwas Schlimmes passiert, ich habe keine bösen Menschen getroffen, konnte tolle Sendungen machen, die mir auch noch die finanzielle Freiheit gaben, eigene Träume zu verwirklichen. Ein riesiges Privileg!
Zu Ihrem Glück gehört auch die Familie. Sie haben nie verheimlicht, dass Kinder zu haben auch mal anstrengend sein kann.
Ja, aber es ist tatsächlich ruhiger geworden. Sie sind gerade in einer Zwischenphase – noch nicht in der Pubertät und aus der Trotzphase heraus. Es ist sehr schön, so ohne Windeln und Kinderwagen auch mal drei Stunden wandern gehen zu können oder zu sagen «Zieht euch an!» – und es funktioniert. Sie sind riesige Schätze, ich erfreue mich sehr an ihnen.
Sind Sie sehr streng?
Ja, immer wieder, aber nicht nur. Ich glaube, konsequent zu sein, ist wichtig. Manchmal sagt man etwas im Affekt und kann es dann gar nicht durchziehen. Ohnehin ist es oft schwer: Erzieht man nach dem Prinzip Bestrafung oder mit Belohnung? Und ständig muss man eine Position haben: Welches Kind hat recht? Wie muss ich entscheiden? Gibt es eine Konsequenz oder nicht? Das ist psychologisch anspruchsvoll. Ich lerne jeden Tag dank der Kinder.
Da bringt Ihre neue Leidenschaft, das Pilates, bestimmt auch willkommene Abwechslung.
Sicher, aber ich glaube die ganze Familie braucht zwischendurch Abstand. Wenn alle frei haben und man zusammen ist, ist es ja auch nicht immer einfach. Da sind vier Personen mit verschiedenen Bedürfnissen. Da ist es gut, hat jeder auch sein eigenes Ding. Und danach kommt jeder glücklich in die Familie zurück, und man erlebt die Gemeinschaft intensiver.
Pilates ist für Sie ja quasi auch ein zweites Standbein, falls es mit dem TV mal endet. Angst davor?
Nein, ganz ehrlich nicht. Aber klar: Es ist im Leben immer gut, einen Plan B zu haben.
Aber Sie würden schon gerne weitere 20 Jahre Fernsehen machen?
Mein Ziel ist es, die älteste, ungeliftetste TV-Moderatorin zu werden! (Sie lacht) Nein, im Ernst: Warum nicht? Solange es mir Spass macht und ich kann, bleibe ich dabei!
Ein Dauerbrenner!
Trotz der Pilates-Ausbildung bleibt Susanne Kunz ihrem Quiz treu: Seit neun Jahren präsentiert sie am Montagabend (20.05 Uhr, SRF 1) «1 gegen 100», ist kaum mehr von dort wegzudenken. Der Start in die TV-Woche ist unterhaltsam, kurzweilig – und nicht nur wegen der Fragen spannend: Auch die verschiedenen Frisuren und Looks der Moderatorin sorgen immer wieder für eine gelungene Überraschung.