Reto Scherrer
«Ich denke mit dem Herzen»
Für die GlücksPost legt er die Karten auf den Tisch: Worin ist der neue «Samschtig-Jass»-Moderator ein Ass –und wo übertrumpft man ihn leicht?
Weinfelden, ein trüber Mittwochmorgen, 9 Uhr. Reto Scherrer (41) sitzt auf einer Bank im Rebberg seiner Eltern. Bei Gipfeli und Schokodrink bekennt er im Interview mit der GlücksPost Farbe – über das Kreuz mit den Damen, verlorene Spiele im Leben und wofür er alles auf eine Karte setzen würde.
GlücksPost: Worin Sind Sie ein Ass?
Reto Scherrer: Darin, gute Stimmung zu verbreiten. Das kommt wohl daher, dass ich gerade im Berufsalltag nicht alles so bierernst nehme. Auch mich nicht – alles andere würde mich auffressen.
Worin übertrumpft man Sie leicht?
Mit Kopfsachen, im Rechnen, bei Wissensfragen. Ein Quiz müsste ich nie moderieren. Ich frage mich, wie ich das mache, wenn meine Kinder mich bei schwierigeren Hausaufgaben fragen – und ich keine Ahnung habe. Oder doch, ich weiss es: Meine Frau macht das. Sie ist die Schlauere.
Dann erübrigt sich wohl diese Frage: Sind Sie zu Hause eher der Under oder der Ober?
Ganz klar der Under. Aber das bin ich gern. Auch sonst im Leben – weil man sich dann nach oben arbeiten kann. Sich an der Spitze zu verteidigen, braucht mehr Kraft.
Welche Menschen lassen Sie komplett in Ihre Karten blicken?
Nur meine Familie und engste Freunde. Aber das Innerste kennt nur meine Frau Melanie. Ich würde alles aufgeben für sie.
Merken Sie schnell, was gespielt wird – oder sind Sie da eher naiv?
Ich merke es schnell. Ist wohl ein Trumpf von mir: die Menschenkenntnis. Ich glaube, ich kann gut einschätzen, wie ernst es jemand meint. Das kommt daher, dass ich mit dem Herzen denke – und weniger mit dem Kopf.
Mal ein Spiel verloren im Leben?
Ja, viele! Von aussen sieht man ja nur, was geklappt hat. Aber es gab Menschen, die sich abgewendet haben, weil sie glauben, ich hätte mich verändert. Das tut weh: Kein Beruf ist so wichtig, dass Freundschaften scheitern müssten.
Gab es im Leben mal eine Situation, in der Sie schlechte Karten hatten?
Ich bin wohl ein Glückskind, hatte immer einen guten Job, habe wunderbare Kinder, eine tolle Frau: Ich glaube also nicht.
Bedenken, Ihr berufliches Spiel mit «Samschtig-Jass» zu überreizen?
Nein. Auch wenn ich manchmal etwas obenaus schlage, dann weiss ich doch im Herzen, wann etwas zu viel wäre. Da könnte ich vorher die Notbremse ziehen.
Halten Sie im Berufsleben immer gern noch etwas in der Hinterhand?
Nein, auch privat nicht. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe – und das ist schon mehr, als ich mir je erträumt habe.
Mal was ausgefressen, bei dem Sie danach Farbe bekennen mussten?
Hm, kürzlich hielt mich in Zürich die Polizei wegen eines Rollstopps an. Sie hat ihn mir auf Video gezeigt. Ich wollte es erst nicht glauben, musste aber Farbe bekennen mit einer saftigen Busse.
Mit Frau und zwei Töchtern: Wann ist das mit den Damen ein Kreuz?
Wenn sie sich bei Frauenthemen gegen mich verschwören. Thema Kleidung: Da wird manchmal am Abend vorher überlegt, was man anzieht. Und dann muss es doch wieder anders sein. Ich sage dann: Mädels, macht doch einfach! Oder wenn ich meiner vierjährigen Tochter Emma die Haare mache – und Mami das natürlich viel besser kann. Das ist ein Kreuz. Aber auch herzig. Ich hoffe, das steigert sich nicht mit dem Alter.
Spielt in Ihrem Leben Herz – oder Kopf die grössere Rolle?
Nur Herz. Betreffend Kopf bin ich sehr schlecht. Ich funktioniere nur aus dem, was ich fühle, bin nie rational und frage nie, was mir etwas bringt. Bei mir geht es immer nur darum: Möchte ich das, mag ich das?
Hat diese Sendung für die Zukunft noch gute Karten?
Es gibt keine Sendung mit besseren Karten: In der Schweiz wird es immer eine Jasssendung geben. 2018 feiern wir 50-Jahr-Jubiläum. Unglaublich.
Wofür würden Sie alles auf eine Karte setzen?
Für die Familie. Da zucke ich nicht mal mit der Wimper. Und wenn ich auswandern müsste – ich würde es tun und alles aufgeben.
Mit welchem Trümpfen hat Ihre Frau Ihr Herz erobert?
Das musste sie gar nicht. Es war umgekehrt. Sie wollte zuerst nicht. Erst als wir uns eineinhalb Jahre später wieder über den Weg liefen, kam es anders. Ohne sie wäre mein Leben komplett anders verlaufen. Vor allem nicht so gut. Aber ich hatte da eigentlich immer Glück, weil ich oft Menschen über den Weg lief, die mir gutgetan haben. Auch beruflich.
Haben Sie beruflich mal auf die falsche Karte gesetzt?
Einmal. Ein Ferienjob in der Schule. Ich war in einer Metallfirma und musste Blech stanzen. Fünf Wochen lang acht Stunden täglich. Das habe ich nie vergessen. Vielleicht bin ich darum
auch so dankbar für meinen beruflichen Weg.
Ihr grösster beruflicher Stich?
Die Zusammenarbeit mit Roman Kilchsperger und Produzentin Sibylle Marti. Sie hat mich vom Radio ins Fernsehen geholt, und Roman stand stets hinter mir, auch wenn mal was schiefging. In diesem Beruf stellen sich viele gern in den Vordergrund – Roman hat das bei mir nie getan.