Tanja Gutmann
«Paare kommunizieren zu wenig»
In ihrer Sendung spricht die Moderatorin mit Menschen, die Beziehungsprobleme meisterten. Und merkt dabei auch, was zu ihren privaten Liebeskrisen führte.
Hier kommen Erinnerungen hoch bei Tanja Gutmann (40): Uitikon-Waldegg gleich oberhalb von Zürich, ist der Ort, an dem sie ihre letzte lange Partnerschaft gelebt hat. «Hier kam Ian zur Welt, mit ihm habe ich hier seine ersten zwei Jahre verbracht.» Letztes Jahr ging die Beziehung zu Fotograf Siro Micheroli (43) zu Bruch, die Moderatorin zog zurück in ihre Heimat Solothurn. Trotzdem war für das Paar klar, dass sie ihrem gemeinsamen Sohn weiterhin eine möglichst intakte Familienwelt bieten wollen. Sie entwickelten eine freundschaftliche Basis, wechseln sich beim Betreuen von Ian (3½) problemlos ab. Ohne, dass der Bub das Gefühl hat, Mama und Papa hätten sich nicht mehr gern.
Im Gegensatz zu den Protagonisten ihrer neuen TV-Sendung «Liebes Krisen» (siehe Box) schafften Tanja und Siro es nicht, ihre Liebe zu retten. Die Miss Schweiz 1994 hatte immer langjährige Partnerschaften, scheiterte am Ende aber immer wieder. Weiss sie woran? «Durch die Sendung, die Treffen mit Menschen, die ihre Beziehungstiefs meisterten und auch durch die Diskussionen mit Paartherapeut Klaus Heer, sind mir viele Lichter aufgegangen.» Ihr sei aufgefallen, wie wenig Paare kommunizieren. «Es gab welche, die einfach nicht miteinander redeten. Erst, wenn sie mit dem Rücken zur Wand standen, sagten sie endlich einmal, was Sache ist. Ich verstehe das. Das Risiko, dass der Partner eine Aussage als Kritik versteht, ist gross. Dabei sollte man sich fragen, was hinter der Kritik steckt. Dann würde man sehr viel vom anderen lernen.»
Auch ihre Beziehungen seien letztlich am fehlenden Dialog gescheitert. «Man hat die Tendenz, die Dinge nicht zu thematisieren, die eigentlich wichtig wären. Bei mir habe ich gemerkt: Wenn ich in einer Beziehung zu lange schweige, verliere ich die Fähigkeit, zu sprechen, und dann ist es zu spät.» Zum Glück werde man
älter, erfahrener und selbstbewusster. «Heute weiss ich, wer ich bin, was ich will und stehe dafür ein.» Als junge Frau habe sie die Tendenz gehabt, schnell aufzugeben. «Ich war zu gutmütig, brachte Verständnis auf für den Partner und seine Ansicht. So übertrat ich regelmässig meine eigene Grenze.» Heute würde sie der jungen Tanja raten: «Hör auf dich, sei ehrlich. Hab keine Angst, wenn es dennoch auseinandergeht.»
Sie fügt lachend an: «Es kommt immer wieder ein anderer.»
Die Folge, in der es um die Erst-Kind-Krise geht, ging ihr besonders unter die Haut: «Man denkt sich, die Beziehung geht einfach so weiter, und dazu gibt es noch ein wunderschönes Geschenk. Dabei ist alles anders!» Niemand sage werdenden Eltern, dass sie nach der Geburt nie mehr das gleiche Paar sein werden. «Man muss die Beziehung völlig neu aufbauen. Denn nun ist man nicht mehr Mann und Frau, sondern Vater und Mutter mit ganz neuen Gefühlen und Ängsten. Die Eltern müssen sich wirklich Zeit für sich nehmen, zu zweit und allein, um selber nicht zu kurz zu kommen.»
Nach der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema kommt Tanja Gutmann zum Fazit: «Reden ist der Schlüssel. Offen, ehrlich sein, Dinge ansprechen. Daran führt kein Weg vorbei. Auch wenn es Hilfe von aussen, etwa die eines Therapeuten, braucht.» Verheiratete Paare gaben als Grund, warum sie trotz Schwierigkeiten beim Partner blieben, oft an: «Ich habe einmal Ja gesagt, dabei bleibe ich.» Tanja: «Das überraschte mich, dass die Aussage ‹In guten wie in schlechten Zeiten› wirklich ernst genommen wird.»
Beziehungen auf die Probe gestellt
Für die vierteilige Reihe «Liebes Krisen» besucht Tanja Gutmann Paare, die einen Konflikt überstanden und wieder zueinandergefunden haben. Jede Sendung ist einem bestimmten Problem gewidmet, an dem Beziehungen oft scheitern. Die Pro-tagonisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erzählen, wie sie den Tiefpunkt überstanden haben. Gutmann analysiert das jeweilige Thema mit dem Berner Paartherapeuten Klaus Heer. Ausstrahlungstermine: 13. und 20.9.2017 (jeweils 20.15 und 21.05 Uhr, 3sat).