Natacha
Mit Leidenschaft und Herz
Als Sprachrohr der einheimischen Kunst tritt die Berner Sängerin an Anlässen in Schweizer Botschaften diverser Länder auf. Für sie eröffnet sich damit eine neue Welt.
Stolz hält Natacha (53) das kleine Einhorn in die Kamera. Das Spielzeug ist für sie ein wertvolles Souvenir ihrer Reise nach Dahab in Ägypten. Ein Scheich hatte sie eingeladen, ein paar Tage bei ihm in der Wüste zu verbringen. «Sein Sohn Talal schenkte mir dann das Einhorn, weil er wusste, wie sehr ich Pferde liebe», erzählt Natacha der GlücksPost.
Die Bekanntschaft mit dem Scheich entstand während eines Anlasses in der Schweizer Botschaft in Kairo. Natacha hatte dort ein Gastspiel – als künstlerische Vertretung unseres Landes. Es war eines von 18 solcher Botschaftskonzerte, die die Berner Musikerin im vergangenen Jahr in den verschiedensten Ländern gab, darunter Schweden, Dänemark, Dubai, die Türkei und eben Ägypten. «Die Idee solcher Anlässe ist es, unser Land vorzustellen. Früher tat man das mit Alphorn und Handörgeli als Begleitung.» Heute ist Natacha das musikalische Sprachrohr der Schweiz – sie hat in ihrer langen Karriere Lieder in diversen Sprachen veröffentlicht. An den Botschaftsanlässen versucht sie stets, den Refrain eines Songs in der jeweiligen Landessprache zu singen.
An der Einstandsfeier von Bundesrat Ignazio Cassis in Bern sorgte sie ebenfalls für den musikalischen Rahmen. «Es war ganz rührend, er sagte zu mir, er lerne Berndeutsch mit meinen Liedern», sagt Natacha. Ihre Verbindung zu Bundes-Bern begann 2002, als die Schweiz der UNO beitrat. «Ich war Teil des Teams, das offiziell eingeladen war, um die Schweiz bei der Aufnahme zu vertreten.» Seit damals wird sie immer wieder angefragt für diverseste Aufgaben. «Ich habe mich gegen Beschneidung und beim Thema Flüchtlinge engagiert, hatte bis 2008 ein offizielles Mandat der UNO, mich für Frauenrechte einzusetzen», erläutert die Mundart-Sängerin. Heute ist eine gewisse Resignation da: «Beim UNO-Beitritt war ich überzeugt, dass das ganz wichtig ist für unser Land. Dann erlebte ich die grosse Enttäuschung: Die kleine Schweiz kann die grossen Veränderungen nicht bewirken, von denen wir geträumt hatten. Nur punktuell ist hier und da etwas möglich.»
Trotz ihres UNO-Mandats blieb Natacha damals die Möglichkeit, durch die Welt zu reisen, verwehrt: «Ich war Mutter zweier Kinder, zudem hatten wir immer Pferde, zu denen man täglich schauen musste.» Umso mehr geniesst sie es nun, da ihre Söhne erwachsen sind, andere Länder kennenzulernen. Und sie nimmt immer noch jede Gelegenheit wahr, um mit ihrer Stimme für andere zu sprechen: «Ein Schweizer Erfinder bat mich um Unterstützung bei der Lancierung seines ‹Power Blox›: ein Solarzellen-Würfel, der genug Strom hergibt zum Kochen, Rasieren und Lichtmachen. Er soll Flüchtlingen das Leben in den Camps erleichtern.»
Mit glänzenden Augen erzählt sie von ihren Abenteuern in der Wüste bei dem Scheich, der durchaus wohlhabend ist, es aber vorzieht, wie seine Vorfahren als Nomade zu leben. Oder von der Zeit am nördlichsten Punkt Schwedens. «In Kiruna habe ich Sachen gesehen, die glaubst du nicht. Da ist es so kalt, dass sie Gehwege mit Plexiglas ummanteln, damit einem nicht der Atem gefriert.» Sie erinnert sich an ihr Erstaunen, als sie feststellte, dass viele Fenster lediglich aufgemalt sind: «Wären sie echt, würde zu viel Kälte in die Häuser dringen. Und egal welches Kleidungsstück du dort kaufen willst, es ist alles, aber gar alles mit Fell gefüttert!»
Eine andere Begebenheit führt Natacha aktuell nach Italien, ihrem Lieblingsland. Zusammen mit dem Italo-Schweizer Robi C. hat sie dort soeben ihren zweiten Hit gelandet: «Mi manchi», die italienische Version ihres Liedes «I vermisse Di», ist in den New-comer-Charts auf Platz 1. Letzten Sommer begeisterte schon das Duett der beiden, «Immagino che», die Italiener. «Jetzt haben wir Anfragen für Interviews von diversen Medien», freut sich Natacha.
Sie betritt Neuland. Passend zum Titel ihres aktuellen Albums. «Neuland» erschien zwar bereits 2017. Doch wegen ihrer Engagements im Ausland konnte sie die dazugehörige Tournee noch nicht durchführen. Ende Sommer will sie das nun nachholen und die Schweizer Fans mit ihren neuen Liedern beglücken. Sie hat einen Ruf zu verteidigen, war sie doch 1995 die erste Schweizerin, die ein Mundart-Album in die Hitparade brachte!