«Man muss etwas für seine Träume tun»

Von Irene Lustenberger

Was für ein unvergesslicher Moment! Es ist der 8. März 2003, das Finale der ersten Staffel von «Deutschland sucht den Superstar». Alexander Klaws und Juliette Schoppmann warten auf das Resultat des Zuschauer-Votings. Dann die Entscheidung: Mit 70,2 % aller Stimmen gewinnt der damals 19-Jährige die Castingshow und wird Deutschlands erster Superstar. Sein Siegersong «Take Me Tonight» verkauft sich über eine Million Mal und erreicht mehrfachen Gold- sowie Platinstatus. Wo der «DSDS»Sieger auftritt, jubeln ihm die Massen zu. Die Teenies kreischen.

Heute, 20 Jahre später, kreischen zwar keine Teenies mehr, zugejubelt wird Alexander Klaws aber trotzdem noch. Denn im Gegensatz zu vielen der ihm folgenden 18 weiteren «Superstars» hat er langfristig Erfolg – als Sänger, Musicaldarsteller und Schauspieler. «Ich bin sehr stolz darauf, was ich erreicht habe. ‹DSDS› war der Start eines Abenteuers, das bis heute andauert und bei dem ich noch lange nicht am Ziel bin», resümiert er. «Wir haben damals Fernseh- und Musikgeschichte geschrieben. Das schafft man nicht alle Tage.»

Was denkt er heute über die Show? «Es ist nicht mehr dasselbe wie früher», sagt er. «Bei uns war es noch authentisch. Unser Recall fand in einem Theater in Düsseldorf statt, und wir haben gespürt, dass man sich Erfolg hart erarbeiten muss. Heute fliegen die Kandidaten auf die Malediven und denken, sie wären schon Stars», vergleicht er. «Vielen ist nicht bewusst, dass einem der Erfolg nicht in den Schoss fällt und dieser nicht planbar ist.» Man könne nicht zu Hause rumsitzen und warten, bis jemand anruft. «Es braucht Eigeninitiative. Man muss etwas für seine Träume tun und sich das Glück hart erarbeiten.»

Genau das hat der «DSDS»-Gewinner getan. «Als ich mit 18 Jahren zum Casting ging, hatte ich nicht das Ziel, ein Star zu werden. Das Wichtigste für mich war, auf der Bühne zu stehen und mit meiner Musik Leute berühren zu können», blickt der 39-Jährige zurück. Apropos Casting: Schaut er sich die aktuelle Staffel an? «Nein. Ich habe mal reingezappt, bin aber nicht hängengeblieben. Denn entweder berühren mich die Leute nicht, oder es wird etwas Künstliches erzeugt.» Oft wisse man vor dem ersten Ton bereits, dass jemand Sozialhilfe beziehe oder wie dessen Familienverhältnisse seien. «Darum geht es doch gar nicht. Bevor ich irgendetwas von einer Person weiss, möchte ich von deren Stimme und Ausstrahlung berührt werden.»

Nach seinem Sieg bei der Castingshow und den ersten Charterfolgen und Auszeichnungen schloss Alexander Klaws 2006 an der renommierten Joop van den Ende Academy in Hamburg ein Gesangs- und Schauspielstudium ab. Direkt im Anschluss wurde er für den Musical-Erfolg «Tanz der Vampire» engagiert. Es folgten u. a. Hauptrollen in «Tarzan», «Jesus Christ Superstar», «Ghost», «Saturday Night Fever», «Knie – das Circus Musical» in Dübendorf und Basel sowie seit 2019 an den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg als Winnetou.

Seine Rolle als «Tarzan» brachte ihm auch privat Glück, lernte er doch dort die Baslerin Nadja Scheiwiller kennen. «Lustig war, dass wir gleichzeitig an der Joop van den Ende Academy waren, uns aber nicht mehr aneinander erinnern konnten», erzählt er und fügt lachend hinzu: «Achtung, jetzt wird’s kitschig! Nadja war bei ‹Tarzan› nicht nur im Kreativ-Team und hat mir das Fliegen beigebracht, sondern spielte auch die Jane.» Seit 2010 sind die beiden zusammen, seit Dezember 2019 verheiratet. «Ob ich inzwischen Schweizerdeutsch verstehe? Baslerdialekt ja, geht es aber Richtung Bern und Zürich, muss ich zweimal hinhören.» Mit dem Sprechen habe er mehr Mühe. Seine Söhne Lenny (6) und Flynn (3) seien ihm meilenweit voraus, gibt er zu. In regelmässigen Abständen weilt die Familie in der Schweiz. So erst kürzlich: «Die Basler Fasnacht ist Pflicht.»

Seit ein paar Jahren besitzt Klaws ein Ferienhaus in Portugal. Dorthin zieht er sich gerne zurück, um kreativ tätig zu sein. «Nach vielen Jahren als Musicaldarsteller und Schauspieler verspüre ich den Drang, wieder eigene Lieder zu schreiben», erzählt er und scherzt: «Ich habe so viele verschiedene Rollen gespielt, dass ich teilweise gar nicht mehr weiss, wer Alexander Klaws überhaupt ist.» Zum ersten Mal möchte er alle Songs selbst schreiben und auch bei den Videos Regie führen. Wann seine Fans seine neue Musik zu hören bekommen, will er noch nicht verraten. Nur so viel: «Die erste Single erscheint wahrscheinlich noch in diesem Jahr. Wir sind mitten im kreativen Prozess.»