Felix Gmür, Bischof von Basel
«Lasst uns gemeinsam diese Zeit der Ungewissheit überstehen»
Worte des Trostes, Worte der Hoffnung, Worte, die Mut machen: Weil in der Schweiz derzeit keine Gottesdienste mehr stattfinden dürfen, hat die GlücksPost den Bischof von Basel gebeten, unsere Leserinnen und Leser durch die dunklen Tage zu begleiten.
«Was wir derzeit erleben, ist noch nie da gewesen. ‹Im Krieg haben wir viele Einschränkungen erfahren, ich war sogar mit meiner Familie über Tage im Keller›, erzählte mir vor einigen Tagen eine ältere Frau aus Deutschland. ‹Auch die Schule ist ausgefallen. Damals hatten wir kaum zu Essen. Dafür waren wir aber in Gemeinschaft, zusammen als Familie mit meinen Eltern, Geschwistern, Cousins und Cousinen. Wir konnten uns umarmen, haben dicht aneinander gekuschelt geschlafen. Das hat mir damals Trost gespendet.› Vielleicht haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ähnliche Erfahrungen gemacht. Und vielleicht erleben Sie die jetzigen Tage ähnlich wie diese Frau: ‹Heute habe ich zum Glück genug zu essen, aber ich bin allein zu Hause. Ich sehe kaum noch Menschen, darf keinen Besuch empfangen, kann niemanden umarmen. Das ist nicht einfach.
Wir alle erleben im Moment lange Tage der Ungewissheit. Einige Menschen leiden an der Einsamkeit. Deshalb ist es so wichtig, dass wir zusammenhalten und dies unsere Mitmenschen auch spüren lassen. Wir können einander anrufen, per Post oder per Handy oder E-Mail ein paar liebe Zeilen schreiben und über das berichten, was uns gerade beschäftigt. Auch Gespräche mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern können Mut machen, Hoffnung schenken, Trost spenden. Telefonieren Sie! Das tut gut.
Auch wenn vorderhand keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden, beten wir doch still füreinander. So sind wir miteinander verbunden. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger freuen sich über jedes Gespräch und jeden Brief. Wir alle leiden unter der Krise, und deshalb tut es uns allen gut, im Austausch mit den Menschen zu sein und auf Wunsch auch
gemeinsam zu beten.
Auch in Krisenzeiten sind wir nicht allein. Ich glaube fest, dass Gott da ist. Diese Zuversicht schöpfe ich aus den biblischen Geschichten. Sie berichten von vielen, auch furchtbaren Krisen. Die Menschen mussten leiden und verzichten, aber alleine gelassen hat Gott sie nicht. Auch die Ostererzählung ist eine Krisengeschichte. Jesus wird verspottet und stirbt am Kreuz. Die Jüngerinnen und Jünger sind fassungslos. Wie weiter? Bleibt es immer Karfreitag? Hört denn der Karsamstag nicht auf?
Wie lange dauert er noch? Niemand weiss das. Aber ich weiss: Auf jeden Karfreitag folgt Ostern, die Auferstehung! Deshalb können wir voll Vertrauen und voller Hoffnung und mit Gottes Hilfe diese Zeit der Ungewissheit durchstehen. Dazu wünsche ich Ihnen viel Kraft!»