Kurt Felix: «Ich danke allen, die mich als Buben durchgefüttert haben»

Seine Eltern konnten sich nicht um ihn kümmern. Er wuchs bei Fremden auf, manchmal knurrte sein Magen vor Hunger. Es war ein kärgliches Leben. Doch der Junge zerbrach nicht und wurde später zu einem der grössten TV-Stars. Ende Monat kann er seinen 70. Geburtstag feiern.
 
Es soll kein grosses Fest werden. Kurt Felix will an seinem 70. Geburtstag für Paola und seine Liebsten ein Appenzeller Käse-Fondue auftischen und einen kühlen Ostschweizer Weisswein entkorken. «Alle tunken ihre Gabeln in die gleiche Käsesuppe, das gibt ein Gefühl von Zusammengehörigkeit», sagt er. Der TV-Macher kann dabei auf eine beispiellose Karriere zurückblicken. Dutzenden von TV-Shows hat er seinen Stempel aufgedrückt, Millionen von TV-Zuschauern hat er über Jahrzehnte den Samstagabend versüsst. Felix weiss auch, «dass sich mit dem Alter der Vorhang zu einem neuen Akt im Welttheater öffnet. Die Hauptrolle darin spielt die Gesundheit. Dass ich topfit und rundum gesund bin, trifft derzeit leider nicht zu», sagt er. «Im Welttheater gibt es aber auch den Faktor Hoffnung.» Hoffnung, die ihn schon als junger Bub stets über Wasser hielt. Denn Klein Kurt wuchs bei fremden Menschen auf, war oft einsam und verzweifelt. In der GlücksPost erzählt er ausführlich von seinen trostlosen Jugendjahren.
 
«Meine Eltern liessen sich scheiden, als ich 13 war. Mein Vater Fritz konnte mich – ich war Einzelkind – als Inhaber einer Musikschule nicht allein erziehen. Meiner Mutter Hildegard fehlte das Geld, sich mit mir durchs Leben zu schlagen. Also verpflanzte man mich von meinem Geburtsort Wil SG nach Wigoltingen TG zu meinen Grosseltern. Von der Stadt aufs Land. Alle meine Freunde waren weg. Ich verlor mein ganzes Beziehungsnetz. Im Kleindorf besuchte ich die Schule – mit einem Lehrplan, der für mich völlig neu war – aber nur einen Tag lang. Dann trat ich trotzig in den Schulstreik. Der Lehrer kam zu mir nach Hause und redete auf mich ein. Dann der Schulpräsident. Dann der Pfarrer. Dann der Gemeindepräsident. Dann der kantonale Schulinspektor. Das reichte mir! Ich packte meine Siebensachen auf einen Leiterwagen und zog diesen 17 Kilometer der Hauptstrasse entlang nach Wil zurück. Dort parkte ich meine Karre vor dem Schulhaus, ging in meine alte Klasse und setzte mich wieder auf meinen altvertrauten Platz. Unterkunft fand ich abwechslungsweise bei dem einen oder anderen Schulfreund, bis mich ein älteres Ehepaar, das nur ein kleines Einkommen hatte, aufnahm. Es war alles sehr kärglich. Aber ich war zufrieden. So etwas ginge heute sicherlich nicht mehr. Aber damals, Mitte der 50er-Jahre, gab es noch keine Sozialbehörden, die sich um das Wohlergehen von Kindern kümmerten.
In meinem Gepäck hatte ich neben der notwendigsten Garderobe ein wichtiges Requisit, das mir sozusagen mein Leben rettete: ein batteriebetriebenes, kleines Tonbandgerät, das ich sogar mit ins Bett nahm. Ich war mächtig stolz auf dieses Weihnachtsgeschenk meines Vaters. Denn ich war der Einzige im ganzen Schulgebäude, der Tonaufnahmen machen und abspielen konnte. Ich fühlte mich als King, fast als Auserwählten. Denn ich glaubte fest daran, dass mir dieses Gerät eines Tages ermöglichen würde, in den Medien zu arbeiten. Diese Hoffnung, die ich seit der 3. Primarklasse hatte, liess ich mir nicht ausreden, auch wenn mir vor Hunger der Magen knurrte. Nun, mein Jugendtraum wurde wahr.Dafür danke ich meinem Schicksal und all den Menschen, die mir in meiner Jugendzeit ein Dach über dem Kopf gegeben und mich durchgefüttert haben.«


Es ist kein Blick zurück im Zorn. Kurt Felix macht keine Schuldzuweisungen an seine Eltern, sieht sein Schicksal ziemlich nüchtern. «Beide Elternteile konnten mich nicht aufnehmen, mein Vater Fritz aus beruflichen Gründen, meine Mutter Hildegard, die später nach Basel zog und bei der Migros als Verkäuferin in der Kleiderabteilung arbeitete, aus finanziellen Gründen.» An seinen Pflegevater erinnert sich Kurt Felix gerne. «Er arbeitete beim Elektrizitätswerk Wil. Ein guter Mensch, der für mich ein grosses Herz hatte. Er war ein überzeugter Kommunist. Und deswegen haben wir uns manchmal freundschaftlich gestritten.»
 
Kurt Felix stand als Bub auf der Schattenseite des Lebens. Im Dokumentarfilm «Durch den Herbst mit Kurt und Paola» (SF 1, 24. März, 20.05 Uhr) erzählt der TV Star gar, dass er seine Mutter an einem Teich vom Selbstmord abgehalten habe. Es blieb dem jungen Felix damals wirklich nichts erspart.