Gianna Hablützel-Bürki
Kämpferin mit sanfter Seite
Die beste Fechterin – aber böse? So wurde die Baslerin oft dargestellt. Ihre Tochter kennt sie ganz anders. Und das TV-Publikum kann sich bald ein eigenes Bild machen.
Was uns hinter dieser Tür erwartet? Als «schwierig» wurde Gianna Hablützel-Bürki (50) oft beschrieben – und als «kampflustig, nicht nur im Sport». Also Augen zu, klingeln, und durch. «Chömmed ine, chönd d’Schueh aloh», sagt sie. Und ehe wir’s uns versehen, sitzen wir mit ihr und Tochter Demi (21) am Esstisch ihrer Basler Wohnung und plaudern. Unverhofft harmonisch und entspannt.
Überraschend dürfte das Wiedersehen mit der besten Schweizer Fechterin aller Zeiten (u. a. Olympia-Silber 2000) auch für das TV-Publikum sein. Statt des Degens schwingt sie das Tanzbein – als Teilnehmerin der SRF-Show «Darf ich bitten?». Eine spannende Herausforderung sei das. Ja, Gianna Hablützel ist vielseitig: SVP-Politikerin im Grossen Rat, sie leitet ihren eigenen Fechtverein Basel-&-Riehen-Scorpions und ist ebenso als Trainerin dabei. Zudem ist sie als internationale Fecht-Kampfrichterin wie auch als Präsidentin der Vereinigung Swiss Olympians viel unterwegs. Aber wie steht es um ihre Tanzerfahrung? «Nicht vorhanden!», gesteht sie. «Ich war in meinem Leben etwa zweimal in einer Disco, das Rumgehüpfe hat mir nie etwas gesagt.»
Von Rumgehüpfe kann in diesem Fall keine Rede sein. Seit Dezember 2019 trainiert sie mindestens viermal pro Woche mit Tanzcoach Beat Künzi. Wie im Sport diszipliniert und mit Begeisterung. «Nach jedem Training freue ich mich aufs nächste. Mittlerweile kann man das, was ich da mache, wirklich tanzen nennen», sagt sie und lacht. Das Beste: Oft ist auch ihre Tochter dabei. Die Jura-Studentin legt mit ihr bei der «Family and Friends»-Runde einen Latin-Tanz aufs Parkett: «Es ist cool, dieses Erlebnis mit meiner Mutter teilen zu können!»
Dieser geht es genauso: «Sie ist meine engste Vertraute», sagt Gianna Hablützel-Bürki. Die zwei Frauen wohnen nicht nur zusammen, sondern verbringen auch sonst gerne Zeit miteinander: Käfele in der Stadt, Shopping, Wochenendausflüge – oder Fechten. Demi betrieb es als Juniorin ebenfalls als Leistungssport. Nachdem sie das Pfeifferische Drüsenfieber hatte und eine Verletzung an der Hand ging die Motivation aber etwas verloren, und es ist vor allem ein Hobby geblieben. Das könne aber auch wieder ändern, erklärt sie. «Ich nimm’s, wie’s kommt. Gerade ist mir das Studium wichtiger.»
Kein Problem für Gianna, sie sei so oder so «wahnsinnig stolz auf Demi». In Bezug aufs Fechten sei nur schade, dass Demi nie ihr ganzes Potenzial habe ausschöpfen können. «In Basel hätte sie vor Ort die besten Trainingsmöglichkeiten gehabt, aber dort wurde ihr der Zutritt verwehrt, weil sie meine Tochter ist.» Hablützel-Bürki hatte sich in ihrer Karriere mit dem nationalen Fechtverband und der Basler Fechtgesellschaft zerstritten, bekam eine Sperre, prozessierte. Eine schwierige Zeit, in der sie zudem um das Leben ihrer Liebsten fürchten musste: Drei Monate lang bekam sie wöchentlich Morddrohungen, bis die Polizei den Täter schnappte.
Im Herbst wird man darüber lesen können: Dann veröffentlicht Gianna Hablützel-Bürki, die übrigens noch erfolgreich in ihrer Altersklasse bei den Veteranen fechtet, ein Buch. «Ich möchte ganz offen erzählen, was ich erlebt habe. Von meiner Leidenschaft für den Sport, aber auch wie mir in der damals elitären Fechtszene viele Steine in den Weg gelegt wurden, weil ich nur aus normal bürgerlichem Hause kam. Weil ich mich dagegen wehrte, wurde ich als die Böse, Aufmüpfige dargestellt.»
Ihre Mutter, sagt auch Demi, werde durch ihr öffentliches Bild und die politische Zugehörigkeit oft verkannt. «Das nervt, weil ich ja weiss, wie sie wirklich ist.» Wie sieht sie denn ihr Mami? «Ich kann mit ihr über alles reden, sie ist liebevoll, lustig, offen.» Gianna Hablützel-Bürki ist von diesen Worten sichtlich berührt – die sanfte Seite der starken Kämpferin.