Erika Hess
Ihr Mann starb am Hochzeitstag!
«Jacques hat gekämpft wie ein Spitzensportler», sagt Erika Hess zur GlücksPost. «Doch das Virus war stärker.» Nach über 30 gemeinsamen Jahren voller Glück und Erfolge wollten sich die Rekord-Skifahrerin und ihr Ehemann ins Privatleben zurückziehen. Doch nun erlag Jacques Reymond dem Corona-Virus.
Das Schicksal hat seine eigenen Pläne. Und diese sind oft brutal, durchkreuzen unsere Vorhaben rücksichtslos – mitunter von einem Moment auf den anderen.
Erika Hess (58) und ihr Ehemann Jacques Reymond (†69) hatten ziemlich genaue Vorstellungen von den Jahren, die auf sie zukommen würden: Zusammen zogen sie sich 2018 aus ihrer zweiten Berufung zurück, junge Menschen zu Top-Athleten auf Schnee auszubilden. Lediglich durch drei von ihnen mitorganisierte Ski-Rennen in der Gegend zwischen Reymonds Geburtsort Les Bioux und ihrem aktuellen Wohnort St-Légier im Kanton Waadt wollte das Paar den Kontakt zur Szene beibehalten.
Ansonsten wünschten sich die erfolgreichste Skifahrerin der 1980er-Jahre und der ehemalige Konditionstrainer der Frauen-Nationalmannschaft und spätere Cheftrainer der Männer, nur noch füreinander da zu sein, ihre Hobbys zu pflegen: Schneesport, Segeltörns durch die ganze Welt und entspannte Sommer in ihrem Ferienhaus in der französischen Ardèche.
Und am allerwichtigsten: Zeit für ihre Familie haben – erst recht, nachdem sie letzten Mai erstmals Grosseltern wurden (die GP berichtete). Ihre Freude war unendlich. «Sie waren so eng verbunden, so etwas sieht man nicht oft», sagt eine nahe Freundin der Reymonds zur GlücksPost, «mit ihren drei wundervollen Söhnen – wie aus dem Bilderbuch.»
Bei einem Besuch Anfang März durfte die GlücksPost einen Blick in die Idylle werfen: Jacques – topfit und durchtrainiert von seinen vielen sportlichen Hobbys – führte durch sein Dörfchen, erzählte von früher, war immer zu einem Spässchen aufgelegt: «Der ‹Blick› hat uns damals nur vier bis fünf Jahre gegeben», erinnerte er sich breit lachend. Nach einem Spaziergang durften wir am Mittagstisch dabeisitzen, ganz selbstverständlich. Vorher schaute sich Jacques noch das aktuelle Ski-Rennen am TV an – mit Enkelin Chloé auf dem Schoss, die wie er gebannt auf den Bildschirm blickte. «Das machte sie aus: Sie waren so grosszügig mit ihrer Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit. Sie nahmen jeden sofort in ihre Mitte auf», erzählt die Freundin.
Vor einem Monat nahm diese Idylle ein jähes Ende: Jacques Reymond erkrankte am Corona-Virus. Er lag im Spital – getrennt von seinen Liebsten! Ein Abschiednehmen war nicht mehr möglich. Corona-Patienten dürfen keinen Besuch empfangen, noch nicht einmal, wenn sie im Sterben liegen. So war der Romand in seinen letzten Stunden allein. Zuletzt lag er im Koma, wie die GlücksPost erfahren hat. «Es ist so unglaublich brutal. Diese beiden haben das einfach nicht verdient», sagt die Familienfreundin den Tränen nahe. «Sie haben ihr ganzes Leben der Unterstützung anderer gewidmet. Und nun, da sie endlich einmal an sich denken wollten, nimmt ihnen dieses Virus die wohlverdienten Jahre im gemeinsamen Ruhestand.»
Besonders tragisch: Der begeisterte Sportsmann starb am 6. Mai – jenem Tag, an dem die beiden vor 32 Jahren geheiratet hatten! Wie gerne hätte er den ersten Geburtstag ihres ersten Grosskindes am 23. Mai gefeiert! Seinen runden Geburtstag am 30. August zelebriert und sich von seinen vielen Freunden und Bekannten hochleben lassen. Und irgendwann seine Traumdestination Moskau besucht. Zusammen mit Erika.
«Erika und Jacques waren ein unglaublich eingespieltes Zweierteam. Nachdem sie ihre Jugendcamps aufgegeben hatten und Grosseltern geworden waren, sagten sie: ‹Nun ist alles gut und erledigt.› Sie hatten alles vorbereitet für
einen neuen Lebensabschnitt», sagt die Bekannte weiter. «Ein solches Schicksal ist einfach ungerecht.» Wie es Erika Hess geht, weiss sie nur von einem Telefongespräch: «Es ist wahnsinnig schwer für sie. Noch am 7. März hatten sie ein Fest gefeiert, getanzt und gesungen. Sie waren mitten im Leben, jetzt ist alles zusammengebrochen.» Auch die gebürtige Nidwaldnerin sei positiv auf Corona getestet worden, habe zwar nicht ins Spital gehen, aber mehrere Wochen zu Hause in Quarantäne bleiben müssen.
Trotz aller Tragik: Jacques Reymond ist in Frieden gestorben, konnte auf ein erfülltes Leben zurückblicken.
Der GlücksPost hatte er beim Besuch Anfang März gesagt: «Im Leben kann man immer verschiedene Wege gehen. Aber heute können wir sagen: Wir haben es richtig gemacht.»