Jaël Malli
«Ich habe noch nie so viel gelacht»
Söhnchen Eliah ist das grosse Glück der Sängerin. Trotzdem gibt sie zu, dass das erste Jahr ein Kampf war und sie oft voller Verzweiflung.
«Darin ist mein halbes Leben», sagt Jaël Malli (40), während sie einen Einbauschrank im Wohnzimmer öffnet. Und tatsächlich: Ein wahres Sammelsurium an Dingen verbirgt sich hinter der Tür – von Büchern über Souvenirs, Handtücher und Rotweinflaschen bis hin zum WC-Papier. Viel Zeugs, aber kein Chaos. «Ein bisschen aufgeräumt habe ich», gibt sie schmunzelnd zu. «Ich bin aber generell eher ordentlich.»
Theoretisch hätte die frühere Lunik-Sängerin die Schranktür auch zulassen können. Ihr Album, das am 27. 9. erscheint, heisst aber «Nothing to Hide» (Nichts zu verstecken) – eine Einladung, das auf die Probe zu stellen.
Auffallend im kunterbunten Schrank: die Reiseführer. Kambodscha, Alaska, Island: Jaël und ihr Mann Roger (42) haben viel von der Welt gesehen. Sie zieht ein Buch aus Japan hervor. Dorthin ging ihre letzte grössere Reise, die nicht nur wegen des Ziels speziell war. «Dort haben wir herausgefunden, dass ich schwanger bin!»
Ihr Sohn Eliah Lorin erblickte am 31. Dezember 2017 das Licht der Welt. Seither macht die Familie kleinere Sprünge – mal nach Frankreich oder Mallorca, mal ins Glarnerland. Kein Fernweh? «Gar nicht! Schon in Japan habe ich gedacht, dass es eigentlich verrückt ist, so weit zu fliegen, gerade in der heutigen Zeit. Das heisst nicht, dass es nie mehr in fernere Länder geht, aber momentan stimmt es für mich so. Und Eliah soll ja auch seinen Spass haben.»
Der kleine Mann ist gerade bei Jaëls Schwiegermami, die Tür zu seinem Zimmer öffnet sie uns trotzdem. Ein herziges Wohlfühlreich, das sie liebevoll dekoriert hat. Unter anderem tummeln sich darin viele Elefanten – aus Stoff, an die Wand geklebt und auf T-Shirts. Da passt es, dass es auf ihrer CD einen Song mit dem Titel «Elephants» gibt. «Den habe ich für meinen elfjährigen Gottibueb geschrieben, es sind seine Lieblingstiere, genau wie meine früher. Durch ihn ist diese Liebe wieder erwacht, und ich halte ständig Ausschau nach Elefäntchen, jetzt natürlich auch für Eliah.»
Der Bub hat ihr Leben gehörig auf den Kopf gestellt. «Ich bin wahnsinnig verliebt», sagt sie. Nichtsdestotrotz war speziell das erste Jahr als Mami für sie «existenziell bedrohlich». Auch da hat die Sängerin nichts zu verheimlichen. Eliah kam als Schreikind zur Welt. Kaum eine ruhige Minute, nicht am Tag, geschweige denn in der Nacht. Anfangs wachte er manchmal jede halbe Stunde auf. «Ich war teilweise echt am Ende.» Rat suchte sie bei einer speziell ausgebildeten Hebamme, in Fachliteratur und bei Beratungsstellen. «Aber klar, wenn du in der Nacht 15-mal die Brust gibst, dir alles wehtut, du vor lauter Verzweiflung an die Wand hauen könntest, dann kann dir in dem Moment niemand helfen. Es war eine krasse Erfahrung, weil ich vorher nie an dem Punkt war, dass ich so dermassen nicht weiterwusste.» Sie habe sich traurig gekannt, aber noch nie eine solche Wut verspürt. Auf die Situation, auf sich selbst, weil unweigerlich das Gefühl aufkommt, etwas falsch gemacht zu haben. Mittlerweile weiss sie, dass das nicht der Fall ist. Eliah wollte schon früh mehr, als er konnte – sich bewegen, kommunizieren. Je weiter er sich entwickelt, desto besser wird es. Heute wache er in guten Nächten zweimal auf, ansonsten «nur» noch fünf Mal, für sie sei das super. «Was mir am meisten hilft, ist das Wissen, dass die Eigenschaften solcher Kinder zwar anstrengend sein mögen, für sie später aber wunderbar sind. Eliah weiss, was er will, ist ausdauernd, gibt nicht auf und ist kein ‹Schäfli› in der Herde.»
Was sind die schönsten Momente mit ihm? «So viele! Er ist so fröhlich und offen, strahlt alle Menschen an. Ich habe noch nie im Leben so viel gelacht wie mit ihm. Ich geniesse es total, dass ich durch meinen Beruf viel Zeit mit ihm verbringen kann, weil die Auftritte meist am Abend oder am Wochenende sind.» (Daten: www.jaelmusic.ch)
Mittlerweile sind wir passenderweise beim CD-Schränkchen angekommen. Dort liegt – neben den Werken zahlreicher anderer Künstler – auch ihr eigenes Album «Nothing to Hide». Den Beweis hat Jaël erbracht: Sie hat tatsächlich nichts zu verstecken. «Ich habe für mich gemerkt, dass ich das auch nicht mehr will – etwas darstellen müssen, was man eigentlich gar nicht ist. Vielleicht ist es das Alter oder das Muttersein, aber ich fühle mich bei mir angekommen.»