«Ich bin ein Stehaufmännchen»

Neun Jahre nach seinem letzten Album meldet sich der Mundart-Musiker jetzt zurück. Nach schweren Zeiten und persönlichen Herausforderungen schafft es der Berner, endlich wieder gute Laune zu verströmen.

Hasta la vista – bis demnächst! Bei Florian Ast (49) hat diese Floskel fast ein Jahrzehnt gedauert. Nach neun Jahren veröffentlicht der Musiker nun aber mit «Ast A La Vista» wieder eine Platte. «Dieses Album tut mir gerade sehr gut. Ich bin froh, dass ich Lieder schreiben konnte, die Laune machen und sich nicht wie Schlaftabletten anhören», erzählt er in seinem Zuhause nahe Solothurn.

Der Berner hatte eigentlich schon vor längerer Zeit genügend Lieder für ein neues Album beieinander. «Aber die waren so schlimm, traurig und jammernd, dass ich sie irgendwann nicht mehr hören wollte», sagt er. «Was aber vor allem mit meiner ­privaten Situation zu tun hatte», erklärt er weiter. «Viele Künstler brauchen den Schmerz, um gute Lieder schreiben zu können. Bei mir funktioniert das nicht, mir muss es gut gehen, damit etwas Gescheites dabei herauskommt.» Und genau das sei eben lange Zeit nicht der Fall gewesen. 

Drei Kinder von drei Frauen

Als vor neun Jahren sein erster Sohn zur Welt kommt, hält sein Traum einer in­takten Familie nicht lange. Die Beziehung zur Kindsmutter geht kurz nach der Geburt auseinander und gestaltet sich bis heute als schwierig. «Am Anfang hatte ich Mühe. Ich schämte mich, überlegte, was die Leute denken. Ich ­fühlte mich auch als Versager», erzählt Ast. «Ich wollte mich nur noch verkriechen, nichts mehr erzählen und habe mich verschlossen. Auch hatte ich Angst, als Vater, der nicht mehr bei der Familie sein darf, etwas Falsches zu machen.» Nur wenn er Konzerte gab, fühlte sich der Mundartmusiker wohl. «Ich brauche es einfach, auf der Bühne ­stehen zu können.» Und dafür musste er, der mit Hits wie «Träne», «Sex», «Ängu» und «Daneli» genug Repertoire hat, keine neuen Lieder vorweisen. 

Als er mit einer anderen Partnerin eine Tochter bekommt (heute 7), merkt Florian Ast, dass man trotz einer erneuten Trennung einen anständigen Kontakt zur Kindsmutter haben kann. «Da spürte ich erstmals, dass ich wirklich ein guter Papi sein kann und konnte die von ihr gewünschte Trennung auch gut akzeptieren.» Und dieses positive Gefühl hat er auch bei seinem dritten Kind, einem weiteren Sohn (4) – selbst wenn es mit dessen Mutter beziehungstechnisch erneut nicht geklappt hat! «Aber als Eltern haben wir ein gutes und einvernehmliches Verhältnis.»

Dass er sich mit seinen beiden jüngeren Patchwork-Familien besser arrangieren konnte, sorgte für die positive Kehrt­wende, die sich nun auch in den neuen fröhlicheren Liedern auf «Ast A La Vista» offenbart. «Ich habe die Freude am Leben wieder­gefunden», sagt er.

In seinem Daheim stehen einige Rat­geber im Bücherregal, die sich mit Ver­söhnung, Konflikten oder der eigenen Persön­lichkeit befassen. «Ich habe immer den Fehler bei mir gesucht. Aber ich bin, so glaube ich, als Mensch doch eigentlich ganz okay», lautet seine Erkenntnis. «Auch wenn ich wohl mehr durchgemacht habe als andere. Aber zum Glück bin ich ein ­Stehaufmännchen.» 

Nie den Mut zu verlieren, stets ver­suchen, positiv zu bleiben, das hat Flöru schon als Dreijähriger gelernt. «Ich war starker Asthmatiker und konnte vieles nicht tun, was andere Kinder machen konnten. Das hat mich abgehärtet, zugleich in mir einen starken Willen geformt, es trotzdem weiter zu bringen.» Heute sorgt vor allem Sport für den nötigen Ausgleich im Alltag. «Dabei kann ich abschalten.» Ast joggt entweder der nahe gelegenen Aare entlang oder geht bei schlechtem Wetter ins Fitness. Zudem steht ein Power-Plate-Gerät für Kraftübungen in der Stube – direkt neben dem Bobbycar seines jüngsten Kindes.

Nächstes Jahr wird Florian Ast 50. «Schade, konnte ich in meinen 40ern musikalisch nicht mehr Gas geben», sagt er im Hinblick auf die letzten Jahre. «Aber ich fühle mich ohnehin erst wie 40. Das Leben habe ich wohl einfach etwas vorgespult.» 

Zurückblicken mag er nicht. Schon gar nicht mehr möchte er in seinen Zwanzigern sein, als es mit seiner Karriere so richtig losging. Davon handelt auch das Lied «20gi xi». Darin singt er: «Jedi Falte i mim Gsicht, und no keis Endi isch in Sicht. I gibe no lang nid uf. U wenni gheie, de stahni wieder uf.» Florian Ast erklärt nachdenklich: «Mein Leben ist ­sicher komplizierter als früher, aber ich nehme es auch gelassener.» 

Den Glauben an die Liebe hat er nach all den gescheiterten Beziehungen trotzdem nicht verloren. Mittlerweile ist Florian Ast auch wieder liiert. Mit wem, will er nicht verraten. Nur eines: Seine Freundin und er würden sich nicht so oft sehen, aber sie könnten sich jederzeit aufein­ander verlassen. «Vielleicht ist das der Schlüssel für eine tolle Partnerschaft.» Da sie ebenfalls ein Kind habe, gehe sie mit seiner doch ziemlich vertrackten fa­mi­liären Situation relativ unkompliziert um, ergänzt er lachend.

Seit 30 Jahren erfolgreich

Florian Ast sorgt mit seinen Ohrwürmern seit nunmehr drei Jahrzehnten für Stimmung in der Schweiz. «Ich durfte alles erreichen», freut er sich. Finanziell habe er deswegen aber nicht ausgesorgt. So macht er einfach immer weiter. «Ich ­könnte ohnehin nichts anderes», sagt er. Neuerdings einfach wieder mit etwas positiverem Elan. Er sei nach einer längeren dunklen Reise jetzt musikalisch und persönlich wieder in helleren Sphären unterwegs. «Ich hoffe, dass ich damit auch mein altes Publikum begeistern kann.» Der alte und lustige Florian, den er zu Beginn seiner Karriere war, sei nie ganz weg gewesen, meint Ast beim Abschied in seiner Wohnung. Er habe sich wegen der Tücken des Lebens und der Herausforderungen des Alltags einfach ein bisschen versteckt. «Doch nun bin ich zurück.»