Freude am täglichen Chaos

Vom Horrorfilm zur ­Theaterkomödie: Die Schauspielerin lebt nach mehreren Jahren in Holly­wood wieder in ­Zürich. Mit ihrer kleinen Familie und ihrer aktuellen Rolle im komischen Fach hat sie ihre Träume zur turbulenten Realität gemacht.

Von Aurelia Robles

Bei Schauspielerin Sabrina Kern (36) herrscht fast täglich Chaos – und das ist wunderbar! Denn aktuell steht die Zürcherin als Wendy Darling in «Peter Pan Goes Wrong» auf der Bühne des Theaters im Seefeld. In der Komödie will eine Schauspielgruppe den Welt­klassiker aufführen, dabei geht so gut wie alles schief. «In meiner Rolle spiele ich ­immer weiter, als wäre nichts passiert. Doch irgendwann läuft zu viel falsch», ­erzählt Kern. Das Gute an einem Stück, in dem ein heilloses Durcheinander herrscht: Die Zuschauer merken kaum, wenn tatsächlich mal was nicht klappen würde. «Das Schwierige ist, ernst zu bleiben. ­Meine Bühnengspänli sind so lustig, dass ich am meisten Horror davor habe, dass mich mal ein Lachanfall erwischt.» 

Eine chaotische Umgebung herrscht bei Sabrina Kern auch öfter zu Hause. Tochter Juno (3) und Sohn Jackson (2) sorgen für reichlich ­Action im Alltag. Kein Wunder, denn auch Papa Stee Gfeller (37) ist als Musiker und Produzent im kreativen Bereich tätig. Er ist Teil des Duo Zibbz ­sowie Schlagzeuger bei Gölä (56) und Bligg (48), bei Letzterem hat er auch die musikalische Leitung inne. «Unsere ­Kinder sind durch uns natürlich sehr an Musik und Theater interessiert.» So lässt Kern tagsüber dem kreativen Spiel gerne seinen Lauf, aber bringt vor dem Schlafengehen alles in Ordnung. Sie lacht: «Das ist mir wichtig. So kann ich ohne Chaos in den nächsten Tag starten – für etwa zehn ­Minuten.» Auch die Planung der beiden Berufe ist manchmal herausfordernd. «Doch wir haben viel Unterstützung durch unsere Familie und ein Au-pair, was natürlich beides Gold wert ist.» 

«Peter Pan» ist im Originalstück der ­einzige Junge, der niemals erwachsen wird und auf der fiktiven Insel Nimmerland lebt. Sabrina Kern hingegen ist in der Stadt ­Zürich erwachsen geworden. Bereits als Drei­jährige stand sie auf der Bühne, besuchte mit ­ihrer Schwester bis ins Teenageralter das Kinder- und Jugendtheater Metzenthin. Die Bühne ist der Ort, an dem sie auch heute ihr inneres Kind rauslassen kann. «Regisseur Dominik Flaschka lässt mich in den Proben ausprobieren, auch wenn ich vielleicht auf die Nase falle. In welchem anderen Beruf hat man das sonst?» Privat sorgen wiederum die Kinder und ihr Mann für unbekümmerte Situationen. «Sie leben alle drei sehr im Moment, was ich nun ­immer mehr versuche und auch kann. Aber daheim ist meine Rolle erwachsener als hier am Theater.»  

Von Hollywood ins Nimmerland

Nach dem Gymnasium zog es Sabrina Kern für ein Jahr nach New York an eine Filmschauspielschule. Zurück in der Schweiz studierte sie Kommunikation ­sowie BWL und Politik. «Das Studium machte ich einfach für mich, denn ich war immer ein Nerd, der die Schule und das Lernen mochte», sagt sie, denn daneben besuchte sie die Musicalschule in Adliswil ZH. «Ich wusste bereits als Kind, dass ich Schauspielerin werden will. Schon meine Eltern sagten stets, dass ich ein kleiner Clown bin.» Und so ging es nach dem ­Bachelor-Abschluss erneut in die USA, dieses Mal nach Los Angeles – und zwar für sechs Jahre.

In der sogenannten Traumfabrik der Schauspielerei merkte sie schnell, dass auch hier das Business sehr klein ist. «Ich hatte aber Glück und viele Möglichkeiten.» SRF realisierte einen «Reporter»-Film über ihren Weg, so auch, als sie 2018 die Hauptrolle im Horror-Film «St. Agatha» von «Saw»-Regisseur Darren Lynn ­Bousman (46) bekam. «Das sind ­Momente, die ich nicht missen möchte», erinnert sie sich. «Aber daneben gibt es hunderttausend schlimme Momente, in denen du zweifelst. Es ist wie eine Geburt, das Schlechte vergisst man und erinnert sich nur ans Schöne.» Und schliesslich hat sie in Los Angeles Ehemann Stee kennengelernt. «Dabei wollte ich keinen Schweizer, sondern so einen coolen Amerikaner mit Haus in Malibu», sagt sie laut lachend. 

Das Paar beschloss 2019, gemeinsam in die Schweiz zurückzukehren, als sie das Angebot erhielt, in «Die kleine Niederdorfoper» die Rolle der Ruthli zu spielen. Auf das Engagement folgte jedoch die Corona-Pandemie – und die eigene Familie. «Ich bin überzeugt, dass unser Platz zum Leben in der Schweiz ist. Ich fühle mich wohl und glücklich hier.» Zudem ist beruflich mit dem täglichen Chaos in «Peter Pan Goes Wrong» ihr Schauspieltraum in Erfüllung gegangen. Schon in Hollywood träumte sie eigentlich davon, einmal in einem Stück von Regisseur Dominik Flaschka (53) mitzu­spielen, der Erfolge wie «Ewigi ­Liebi», «Sister Äct» oder «The Show Must Go Wrong» zu verzeichnen hat. «Seine ­Stücke treffen genau meinen Humor. Und jetzt habe ich es endlich geschafft und bin da, wo ich mich am wohlsten fühle, nämlich im komischen Fach.» Noch bis Ende März reist Sabrina Kern als Wendy Darling ins Nimmerland. Danach fliegt sie einmal mehr ­zurück in die US-Traum­fabrik. Doch dieses Mal geht es für sieben Wochen mit ­ihrer jungen Familie nach Los Angeles, um Freunde und die alte Heimat zu ­besuchen.