Marc und Brigitte Trauffer
«Es ist eine Herausforderung»
Wenig Zeit für die Liebe, Arbeit rund um die Uhr und gewisse Zukunftssorgen: Für die Eröffnung ihrer Erlebniswelt nehmen der Musiker und seine Frau einiges in Kauf. Doch dafür wird ihr Traum wahr, und so ist die Vorfreude gross!
So einen «Alpaufzug» gab’s noch nie! Fünf Meter hoch, sieben Meter lang und 30 Tonnen schwer ist die Holzkuh, die da über den Brünig reist – per Lastwagen und mit besonderer Begleitung. Marc Trauffer (42) und Ehefrau Brigitte (43) haben ihr in Lungern OW produziertes, neues «Haustier» auf dem Pass in Empfang genommen, um es nach Hofstetten BE zu begleiten. Dort eröffnen sie am 4. Juni, rund drei Wochen nach dem GlücksPost-Besuch, ihre Erlebniswelt mit dem Bretterhotel. Die Kuh – von Motorsägenkünstler Flugo in Form gebracht – wird vor dem Eingang wachen.
GlücksPost: Die Kuh ist da – sicher ein toller Moment für Sie beide.
Brigitte Trauffer: Ja, und sie ist riesig! Lustigerweise haben sich durch sie die Relationen total verändert: Früher wirkte das Gebäude sehr gross, jetzt gar nicht mehr.
Marc Trauffer: Es ist cool! Momentan sind wir in einer Phase, wo sich all unsere Pläne zusammenfügen. Das Restaurant ist sogar schon in Betrieb: Wir verköstigen jeden Mittag 70 bis 90 Bauarbeiter.
Trotzdem ist das hier noch eine ziemlich grosse Baustelle – kaum vorstellbar, dass bald Eröffnung ist. Wie hoch ist Ihr Puls?
Brigitte: (Lacht.) Ziemlich hoch! Aber wir sagen uns immer: «Hätten wir zwei Monate mehr Zeit, wäre es am Ende genauso.» Und ich sehe ja jeden Tag, wie schnell es vorwärtsgeht. Trotzdem schlagen wir wahrscheinlich in der Nacht vor der Eröffnung die letzten Nägel in die Wand und hängen Bilder auf.
Marc: Es wäre komisch, wenn es anders wäre! Aber klar, es ist der Wahnsinn und eine riesige Herausforderung.
Neben dem Hotel mit 31 Zimmern gibt es ja noch die Erlebniswelt. Von der war bisher weniger zu hören. Erzählen Sie mal!
Brigitte: Gerne! Es ist ein Familienausflugsziel. Wir möchten das Handwerk zeigen, den Weg zur traditionellen Holzkuh – vom Wald über den Bretterstapel bis zum fertigen Chüeli. Das wird ja 24–mal von einem Mitarbeiter in die Hand genommen und spickt nicht wie ein Plastikspielzeug fertig aus einer Maschine. Man kann Schnitz- und Malkurse machen, dazu gibt es Abstecher in die Familiengeschichte, in Marcs Musikkarriere und vieles mehr.
Sie wollten bei Ihrem Projekt auch selbst anpacken. War das am Ende tatsächlich so?
Marc: Ja, mehr als geplant. Wir haben in der Küche Plättli gelegt, den grossen Butchers-Table habe ich gebaut, die Deko ist selbst gemacht. Unter der Woche reicht die Zeit nicht, aber wir arbeiten jedes Wochenende mit den Händen. Aber auch das gehört dazu. Es ist Ende Zeit, Ende Nerven, Ende Geld. Aber es tut auch gut.
Inwiefern tut es gut?
Marc: Wenn man für etwas kämpfen muss, hängt mehr Herzblut daran. Das wäre anders, wenn wir einen grossen Financier hinter uns hätten und alles einfach bestellen oder organisieren lassen könnten.
Brigitte: Ich glaube, das ist auch bei den Mitarbeitenden so. Wir haben ein riesiges Team hinter uns – und viele von ihnen packen freiwillig auch am Wochenende mit uns an. Das schweisst zusammen und verbindet auch sie auf besondere Weise mit all dem hier.
Und Ihre Familien unterstützen Sie ebenfalls?
Marc: Ja, alle helfen uns extrem, da sind wir sehr dankbar. Meine Kinder nehmen sich die Zeit, unsere Eltern sowieso. Sie gehen mit dem Hund spazieren oder mal für uns einkaufen. Mein Vater kontrolliert jeden Morgen und Abend die Baustelle und hat jeden ein-zelnen Holzbuchstaben für die Beschriftungen gesägt. Brigittes Eltern und ihr Bruder haben sie in stundenlanger Arbeit aufgeklebt.
Gab es irgendwelche Pannen oder sogar Unfälle?
Brigitte: Holz alangä – zum Glück nicht! Das ist bei so einer Baustelle nicht selbstverständlich.
Marc: Auch mit dem Baumaterial hatten wir trotz der aktuellen Lieferengpässe Schwein, auch wenn wir bis zum heutigen Tag noch keine Türfallen haben.
Brigitte: Auch Tische und Stühle hätten längst kommen sollen und sind bis jetzt noch nicht da. Aber alle haben garantiert, dass sie – sollte es bis zur Eröffnung nicht klappen – Ersatzprodukte bereitstellen. Wobei das natürlich nicht dasselbe ist, wir haben ja jedes Kaffeelöffelchen sorgfältig selbst ausgewählt.
Sie, Marc, wurden vorher am Telefon – es war nicht zu überhören – allerdings ziemlich laut.
Marc: Momentan sind Krieg und Corona für einige Lieferanten auch nur Ausreden. Leider ist es dann so: Wer am lautesten motzt, bekommt es am Ende.
Brigitte: Ich kam mir teilweise vor wie eine richtige Hexe (lacht). Aber anders geht es leider oft nicht, das musste ich lernen.
Haben Sie beide in dieser Zeit auch neue Seiten aneinander kennengelernt?
Brigitte: (Überlegt.) Nichts, was mich extrem überrascht hat. Ich wusste immer, dass er bei allem, was er tut, Vollgas gibt, keine Kompromisse eingeht und es einfach durchzieht.
Marc: Das kann ich nur zurückgeben. Wir haben keine neuen Seiten aneinander entdeckt, aber die Bestätigung bekommen, dass wir uns aufeinander verlassen können.
Trotzdem: Sie arbeiten seit drei Jahren fast rund um die Uhr an diesem Riesenprojekt. War das für die Beziehung keine Herausforderung?
Brigitte: Der Stress gar nicht. Aber klar, man ist sich nicht immer ganz einig – was auf die Menü-karte soll, über die Preisgestaltung oder welcher Löffel nun schöner ist. Und wir haben im Moment zu wenig Zeit füreinander – einfach, um mal zu geniessen,
privat zu reden. So gemütlich wie jetzt sassen wir schon lange nicht mehr zusammen (lacht).
Marc: Danke, GlücksPost! Im Ernst: Natürlich ist es die strengste Zeit unseres Lebens, so etwas habe ich noch nie erlebt. Aber es ist ein riesiges Privileg, das hier tun zu können. Irgendwann haben wir schon mal wieder Zeit für uns. So in zwölf Jahren (lacht).
Wie laden Sie Ihre Batterien wieder auf?
Brigitte: Dazu kommen wir im Moment nicht, aber das ist okay. Würden wir mal einen Sonntag nichts tun, kämen wir wahrscheinlich gar nicht mehr in die Gänge.
Marc: Im Moment sind wir «ufem Endlose», aber nochmals: Das ist kein Müssen, sondern ein Wollen. Es gibt so viel zu tun, da hätte ich ein schlechtes Gewissen, einfach mal auf dem Sofa zu sitzen und ein Fussballspiel zu schauen.
Müssen Sie sich manchmal trotzdem gegenseitig motivieren?
Brigitte: Gar nicht, eher bremsen – wir ticken da gleich.
Marc: Wenn einer von uns immer pünktlich um fünf Uhr Feierabend und am Wochenende ein Ausflügli machen wollen würde, wär’s schwierig.
Brigitte: Dann wären wir schon geschieden (lacht). Und es hört am 4. Juni ja auch nicht auf, da geht es erst richtig los. Ich freue mich sehr darauf. Es ist ein Traum, der wahr wird.
Sie sind ja die Direktorin …
Marc: Und ich fliege dann am 3. Juni für drei Monate nach Neuseeland (lacht).
Brigitte: Nein, es bleibt ein gemeinsames «Baby», wichtige Entscheidungen werden wir zusammen treffen. Aber ich bin im Alltag da, operativ tätig. Marc hat mit den Holzspielwaren ja genug zu tun, dazu noch die Musik.
Wie sieht es denn bisher aus, haben Sie schon erste Buchungen?
Brigitte: Es läuft im Hotel und auch bei den Events sehr gut. Wir haben schon über 100 Event-Reservationen – von Hochzeiten über kleinere Essen bis zu Führungen und Schnitzkursen. Aber die Herausforderung wird sein, auch zu bestehen, wenn das Anfangsinteresse nachlässt.
Sie haben finanziell viel investiert. Bringt das auch Sorgen oder eine gewisse Unsicherheit mit sich?
Marc: Logisch! Wenn das hier nicht funktioniert, verliere ich alles, was ich mir aufgebaut habe. Aber dafür haben wir ohne Investoren unternehmerische Freiheit, und die wollte ich mir nicht nehmen lassen. Das bedeutet nun mal Risiko. Ich hätte mir von dem Geld auch einfach ein Ferienhäuschen am Meer kaufen können.
Brigitte: Dann wär es uns ja langweilig!
Marc: Genau, und das kann ja nicht das Ziel sein!