Doris Leuthard
Endlich mehr Zeit für die Liebsten
Welch emotionaler Tag für die Bundesrätin! Trauer über den Abschied mischte sich mit Freude auf Neues und mehr Familienzeit.
Schon nach ein paar Sätzen brach ihre Stimme, als Doris Leuthard (55) letzte Woche das Parlament über ihren Rücktritt per Ende Jahr informierte. Sie habe dies schon vor längerer Zeit entschieden, verspüre nach zwölf Jahren auch eine gewisse Amtsmüdigkeit. Deshalb freue sie sich auf alles Neue, das nun kommen möge.
Besonders aber sehnt sie sich nach mehr Zeit mit ihrer Familie. «Mein Mann, meine Mutter, meine Brüder – sie alle kamen zu kurz in den letzten Jahren», sagt sie mit feuchten Augen. «Ich freue mich darauf, mehr mit ihnen unternehmen zu können.»
Überrascht war Mutter Ruth Leuthard (85). «Doris kam gestern nach drei Tagen von New York zurück», sagte sie am Tag der Rücktrittsankündigung. «Sie hatte wohl einfach keine Zeit mehr, mich anzurufen und zu informieren.» In Doris Leuthards Heimatdorf Merenschwand AG gebe es zurzeit nur ein Thema.
Trotz ihres Amtes sei sie in ihrem Dorf immer für alle die Doris geblieben. «Sie ist ein einfacher Mensch und hat die Leute gern.» Sie ging auch selber in den lokalen Volg einkaufen. «Viele meiner Kollegen meinten: ‹Ach komm, sie macht sicher noch ein Jahr›», erzählt Ruth Leuthard weiter. Andere fanden, es wäre gut, wenn sie noch länger im Bundesrat bleiben würde, weil sie «so gut für uns Frauen ist».
Dass das nun nicht der Fall ist, begrüsst Ruth Leuthard: «Ich bin froh und mag es ihr gönnen, dass sie bald etwas mehr Ruhe hat.» In letzter Zeit sei ihre Tochter oft müde gewesen, habe nicht mehr abschalten können von der Arbeit. «Immer musste es weitergehen, immer ‹hü, hü, hü›!»
Was ihre Tochter am ersten Tag als Altbundesrätin machen werde, glaubt Ruth Leuthard auch zu wissen: «Wahrscheinlich einmal richtig ausschlafen.» Zu Hause bleiben werde sie aber sicher nicht. «Das kann sie nicht, sie wird reisen. Viele Länder hat sie zwar kennengelernt, aber nur oberflächlich. Es gibt einige, die sie einmal richtig erleben möchte, das kann sie ja nun.»
Doris Leuthard meint: «Ich werde nicht privatisieren. Ich habe viele Interessen und bin sicher, dass es interessante Möglichkeiten geben wird.» Sie wolle sich irgendwie gemeinnützig engagieren. Aber die Agenda, die werde nicht mehr so dicht gefüllt sein.