Endlich hat sie etwas Zeit für ihre Liebsten!

Die Schweiz liebt ihren neuen Ski-Star! Kein Wunder – die Schwyzerin ist bodenständig und herzlich. Warum ihr Beruf zu Hause kein Thema ist, was sie mit Freund Angelo verbindet und weshalb manche sie für eine «Tussi» halten.

Gerade ist Corinne Suter (24) nach einer Trainingswoche heimgekommen. Sie freut sich auf ein paar freie Tage. Als Erstes zieht es die Skirennfahrerin auf den Reithof von Doris Steiner. Es ist ein sonniger Tag, doch in Brunnen SZ bläst ein Wind, der mitreisst, was nicht festgebunden ist. Überall knarzt es, Dinge schlagen an die Aussenwand, die Holztüre rüttelt. Im Stall steht Corinne Suters Liebster: der weisse Hengst Nikito (17). Die GlücksPost würde gern ein Foto mit ihm auf der Weide machen. Doch da tost nicht nur der Wind – es fahren Güterzüge auf der einen Seite, Autos auf der anderen. Das Tier bleibt friedlich, doch seine angelegten Ohren zeigen, wie aufgeregt es ist. Corinne ist ebenfalls angespannt. Die Stimmung des Pferds färbt auf sie ab. Erst, als der Freiberger vom Shooting entlassen ist, wird sie ruhig.

GlücksPost: Sie haben eine unglaublich enge Bindung zu diesem Tier. Ist es Ihr eigenes Pferd?
Corinne Suter: Nikito gehört meiner Freundin Doris. Ich hätte nicht die Zeit für ein eigenes, da müsste ich mich jeden Tag drum kümmern können. Umso schöner ist es, dass ich hier doch so etwas wie «mein» Pferd habe.

Wieso wurden Sie eigentlich nicht Springreiterin?
Früher hatte ich tatsächlich mehr Bezug zu Pferden. Ich begann etwa gleichzeitig mit Reiten wie mit Skifahren. Der Vater einer Freundin nahm mich jeweils mit zum Skitraining, und so bin ich da nach und nach reingerutscht.

Was wären Sie geworden, wenn die Skikarriere nicht geklappt hätte?
Ich habe das KV gemacht und da unter anderem ein Praktikum an einer Hotel-Rezeption. Das gefiel mir, und ich hätte mir das sehr gut vorstellen können.

Sie mögen Tiere allgemein – war Tierärztin nie ein Thema?
Nein. Neben dem Skifahren noch Medizin zu studieren, wäre zu viel für mich. Es ist einfach ein grosses Hobby. Beim Reiten kann ich abschalten. Einem Tier ist es egal, ob du Skifahrerin bist, Erfolg hast oder nicht. Sie fragen dich nichts, nehmen dich einfach, wie du bist.

Während sie fotografiert wird, mag die Schwyzerin keine Fragen beantworten. Sie ist hochkonzentriert. Ihre Haare werden ständig durcheinandergewirbelt. Auch ein Haargummi hilft nicht. Erneut wirkt sie angespannt. Der Tipp, den Wind mit ihrer Mähne spielen zu lassen und die Vergewisserung, dass das Resultat auf den Fotos gut ist, machen sie wieder locker.

Waren Sie immer so perfektionistisch und ehrgeizig?
Ja, schon. Ich konnte als Kind schon schlecht verlieren. Ich brauche ein bisschen länger als andere, um eine Niederlage zu verarbeiten. Ich bin dann aber nicht auf die anderen wütend, sondern auf mich.

Das hat auch schon zu Blockaden im Kopf geführt, die Sie daran hinderten, Ihr Bestes zu zeigen. Ein Mentaltrainer hat Ihnen geholfen.
Ich kann mich selbst wahnsinnig unter Druck setzen. Die Arbeit mit dem Mentaltrainer tut mir sehr gut. Es ist wichtig, die Meinung von jemandem zu hören, der neutral ist. Viele denken, durch die Medaillen seien die Erwartungen an mich erst recht gestiegen. Doch Bronze war ein Befreiungsschlag für mich. Mein selbst auferlegter Druck war weg. Ich stand danach so locker am Start wie noch nie! Ich habe solche Freude am Skifahren – für mich hätte die Saison gleich weitergehen können.

An der alpinen Ski-WM 2019 in Åre holte Corinne Suter Bronze im Super-G und danach Silber in der Abfahrt. Damit verblüffte sie selbst ihre Trainer. Und wird seither als neuer Stern am Schweizer Ski-Himmel gefeiert. 

Die Resonanz auf Ihre WM-Leistung war überwältigend – auch für Sie.
Ich musste sogar eine Pause einlegen. Es wurde mir alles zu viel, der Rummel laugte mich aus. So viele Menschen haben sich bei mir gemeldet, von denen ich nie erwartet hätte, dass sie sich für Skisport interessieren oder Skirennen schauen. Dann standen plötzlich ganze Schulklassen vor meinem Haus und wollten Autogramme, Leute brachten Kuchen vorbei. Auch die Medien wollten alle etwas von mir.

Das alles prasselte ohne Vorwarnung auf Sie ein.
Ja. Doch ich muss auch sagen: Das Schönste ist, wenn man seinen Erfolg mit anderen feiern kann. All die Plakate, die überall hingen, als ich heimkam – das ist toll. Und alles ist ja lieb gemeint. Ich musste einfach lernen, auch mal Nein zu sagen.

Mylo, Doris’ schwarzer Labrador, kommt mit dem Schlafkörbchen der Katze im Maul angerannt. Es ist sein neues Spielzeug, und Corinne spielt ausgelassen mit.

Woher kommt die Faszination für den Skisport?
Ich stand mit meiner Familie jede freie Minute auf den Brettern. Allerdings ohne Ambitionen. Ich wollte natürlich mit meinen Brüdern mithalten. Von daher kommt wohl der Wettkampfgeist, weil ich mich immer mit ihnen gemessen habe. Dann fuhr ich mal ein Plauschrennen, und irgendwann merkte man, dass Talent da ist. Wir schauten immer die Rennen zu Hause am TV. Schon da dachte ich: «Das wäre jetzt schön, da oben auf dem Treppchen zu stehen.» Aber es braucht enorm viel, bis man dann wirklich so weit ist.

Dieses wahnsinnige Pensum an körperlichem Training – war das nie ein Problem für Sie?
Sport und Bewegung waren immer eine Freude für mich. Wann immer sich eine Gelegenheit ergab, war ich dabei. Früher bin ich nach der Schule gleich zu den Nachbarsbauern und habe beim Heuen geholfen. Ich merke auch, wie mich die Leute komisch anschauen, wenn ich erzähle, dass ich eben mal so zwei bis drei Stunden Velo fahre – einfach aus Spass.

Ich nehme an, ich schaue jetzt auch gerade komisch.
(Lacht.) Deshalb geht es ja mit meinem Freund Angelo so gut. Er war früher auch Sportler, hat Fussball gespielt. Er macht bei solchen Sachen mit, fragte auch schon, ob er mit mir reiten kommen darf. Das ist so toll mit ihm. Er ist wirklich jemand zum Pferdestehlen.

Sie waren im Gegenzug kürzlich mit ihm an einem Fussballmatch.
Mein erster Match! Angelo arbeitet bei einer Versicherung und bekam von seinem Arbeitgeber Tickets für das Spiel zwischen FC Bayern und Eintracht Frankfurt in München. Es war grossartig!

Corinne stellte nach der Ski-Saison einige Bilder von sich und ihrem Urner Freund Angelo Alessandri (31) ins Netz. Die Fotos aus ihren gemeinsamen Ferien in Thailand bestätigen die innige Verbindung der beiden.

In den Zeitungen stand, Sie und Angelo hätten sich Anfang 2019 kennengelernt – das war ja mitten in der Saison. Wie kann man da eine Beziehung aufbauen?
Wir haben uns schon letztes Jahr kennengelernt und sind auch schon länger zusammen. Zum Glück. Anfang Saison war ich unglaublich froh, dass er da war.

Wusste er, wer Sie sind?
Er wusste, dass ich skifahre. Doch das Schöne ist: Er fragt nie danach. Wir sprechen nur über das Skifahren, wenn es von mir aus kommt. Normalerweise ist es kein Thema. Das brauche ich! Einen Ort, an dem einfach nicht über meinen Beruf gesprochen wird.

Und mit der Familie?
Auch nicht. Sie freuen sich natürlich. Und ich habe auch schon bemerkt, dass meine drei Brüder alles mitverfolgen. Sie sprechen es mir gegenüber jedoch nicht an. Das schätze ich sehr.

Es fällt auf, dass Sie während der Rennen geschminkt sind, Schmuck tragen, die Nägel bunt lackieren.
Ich schaue schon gerne auf mein Äusseres. Manche schätzen mich dann halt als Tussi ein.

Falsch eingeschätzt. Corinne Suter ist so bodenständig, wie ihr nachgesagt wird. Sie ist in allem, was sie tut, voll dabei, möchte alles richtig machen. Sie hat ein grosses Herz und Gespür für andere – nicht nur für Tiere, auch für Menschen. Trotz etwas Make-up ist sie völlig natürlich. Eine junge Frau, die man einfach gernhaben muss.