Eisbaden ist Stress fürs Herz

Am Zürichsee, im Rhein bei Basel, in der Aare: Immer mehr Menschen wagen sich bei Minus­graden in Seen und Flüsse, um ihr Immunsystem zu stärken. Auch wenn Eisbaden Glückshormone freisetzen und Wohlgefühl auslösen kann – viele Kardiologen warnen!

Von Serge Hediger

Starke Kälte belastet unseren Körper, sie kann Krankheiten auslösen und im schlimmsten Fall tödlich sein. Denn unabhängig von seiner Aussenwelt versucht der menschliche Körper eine konstante Temperatur von ca. 37 Grad zu halten. Setzen wir uns starker Kälte aus, reguliert der Hypothalamus im Zwischenhirn mit einer Abfolge von Mechanismen, um einen Abfall zu verhindern, verkündet der Bundesverband niedergelassener Kardiolgen Deutschlands in einer Medienmitteilung.

1. Wie wirken sich starke Temperaturwechsel auf unser Herz aus?

Jahreszeitliche Schwankungen und plötzliche Temperaturänderungen gehen mit erhöhtem Herzinfarktrisiko einher. Studienergebnisse belegen: Je grösser der Temperaturunterschied, desto grösser ist auch der Anstieg des Infarktrisikos. Wer sich also draussen etwa beim Schneeschaufeln und Co. anstrengt, sollte besonders vorsichtig sein, denn Herzinfarkte ereignen sich vor allem bei Kälte. Durch den Temperaturabfall können sich die Herzkranzgefässe verkrampfen und es kann zum Aufplatzen von Ablagerungen kommen – es entsteht ein sogenannter Gefässverschluss. Bei einer bereits bekannten koronaren Herzerkrankung ist deshalb besondere Vorsicht geboten.

2. Wieso wirkt sich Kälte gefährlich auf Bluthochdruck aus?

Im Winter ist der Blutdruck deutlich höher als in der warmen Jahreszeit. Damit steigt das Risiko für schwere Komplikationen. Ziehen sich die Blutgefässe bei Kälte zusammen, muss das Herz das Blut gegen einen erhöhten Widerstand in die Blutgefässe pumpen. Dies lässt wiederum den Blutdruck weiter ansteigen. Die Gefahr für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall steigt deutlich an.

Wer den Bluthochdruck im Winter senken möchte, sollte sich regelmässig in die Sauna begeben. Die Hitze erweitert die Blutgefässe und verbessert die Gefässfunktion. So sind die Auswirkungen der Saunagänge auffallend positiv: Zwei bis drei Sitzungen pro Woche können das Risiko um rund ein Viertel senken und nebenbei auch das Gripperisiko mindern. Ausserdem zeigt der Zusammenhang zwischen Entspannung beim Saunabaden und der Gesundheit, dass auch Erkrankungen wie Arthritis, Kopfschmerzen und Hautkrankheiten zurückgehen können.

Aber Achtung: Nach der Sauna ins eiskalte Tauchbecken zu gehen, ist Herzpatienten nicht empfohlen.

3. Nützen auch Kalt-warm-­Wechselduschen dem Herzen?

Ja, wenn man von aussen nach innen vorgeht, von peripher hin zur Körpermitte. Nach dem Warmduschen beginnt man mit dem kalten Wasser an den Füssen, dann die Beine. Danach beginnt man wieder aussen mit den Händen und duscht erst dann die Körpermitte kalt. Die Wechselduschen führen dazu, dass die Gefässe trainiert werden und später schneller auf wechselnde An­forderungen reagieren; es kommt beispielsweise seltener zu Schwindel beim Aufrichten, wenn man vorher dazu geneigt hat.

4. Was bedeutet Kälte für ­Outdoorsportler?

Grundsätzlich spricht für einen gesunden Menschen auch bei Temperaturen im einstelligen Minusbereich nichts gegen moderaten Outdoorsport wie Joggen oder Velofahren. Muss der Körper bei Kälte regulieren, um die Temperatur zu halten, erhöhen sich auch Herzschlag und Blutdruck. Diese Er­höhung kommt zur eigentlich schon durch die sportliche Aktivität erhöhten Herzfrequenz dazu. Dies sollten Sporttreibende beachten und bewusst einen Gang runterschalten, um in Summe bei der sonst bei Wärme erreichten Herzfrequenz zu bleiben.

5. Warum kann eine Erkältung ­gefährlich fürs Herz werden?

Wer sich krank fühlt oder vor kurzem krank war – sei es mit einer Erkältung, einer Magen-Darm-Infektion oder im Winter nach einer Grippe, sollte auf Sport verzichten und warten, bis er wieder richtig fit ist. Der Grund hierfür ist, dass bei vielen Erkrankungen auch der Herzmuskel in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Sportliche Belastung ist in dieser Zeit Gift für das Herz, auch wenn bisher noch keine Herz­erkrankung bemerkt wurde oder vorliegt. Im schlimmsten Fall kann es zum plötzlichen Herztod kommen, aber auch eine chronische Herzschwäche kann die Folge sein.