Michael Stäuble & Michael Weinmann
Ein Wunsch geht in Erfüllung
Endlich fand sich ein Nachfolger für den einzigen Formel-1-Kommentator von SRF. Höchste Zeit! So kann er den Kollegen in die Königsklasse des Motorsports einführen. Doch es gibt ein kleines Problem.
Er ist seit 13 Jahren allein auf weiter Strecke. Im wahrsten Sinn des Wortes. Michael Stäuble (61) ist der Mann und die Stimme, die alle Schweizer Formel-1-Fans von den Boliden-Rennen kennen und lieben. Ausser ihm stand lange niemand zur Verfügung für diesen Job, obwohl Stäuble es sehr begrüssen würde, einen Sparringpartner zu haben. «Nur schon, um einander Feedback zu geben. Das ist wichtig.»
SRF habe schon lange einen Nachfolger für ihn aufbauen wollen, sagt der Schaffhauser zur GlücksPost. «Aber es hat sich nie jemand gefunden. Ein potenzieller Kandidat sprang im letzten Moment ab.» In vier Jahren geht Stäuble in Pension. Spätestens dann muss die Personalie geklärt sein – besser noch vorher: «Es ist schwierig, im Formel-1-Zirkus Einlass und Respekt zu finden.» Deshalb würde er gerne jemanden einführen, vor Ort mit den wichtigen Leuten bekannt machen, seine Erfahrung weitergeben.
Nun geht sein Wunsch endlich in Erfüllung. Gerade noch rechtzeitig gibt es frischen Wind im Team: Michael Weinmann (39), bekannt von «Schweiz aktuell», kommentiert ab dieser Saison ausgewählte Rennen (siehe Box). Er weiss, wie viel Glück er hat, noch von seinem älteren Kollegen lernen zu dürfen: «Seit über 20 Jahren ist Formel 1 gleich Stäuble. Vor allem für uns Schweizer, die ja stets auf SRF zuschauen, um über ‹unser› Team informiert zu werden. Auf den deutschen oder österreichischen Sendern interessiert Sauber weniger.»
Ein Verzicht auf die Berichterstattung über die Königsklasse des Motorsports steht für SRF zurzeit nicht zur Debatte – obwohl die deutschen Kollegen von RTL eben erst ihren Ausstieg verkündeten. «Unsere Quoten sind seit vielen Jahren stabil und gut», weiss Stäuble, «sogar, wenn man während des Rennens auf SRF info umschalten muss.» Er erzählt davon, wie SRF 2007 ebenfalls über den Ausstieg nachdachte, wegen der vielen Schweizer F1-Fans aber an den Übertragungen festhielt. «Damals war Sauber halt noch sehr wichtig.» Der Schweizer Rennstall ist immer noch dabei, heute unter dem Namen Alfa Romeo Racing Orlen. «Doch wir nennen sie Alfa-Sauber», erklärt Stäuble.
Ist ein Sport, bei dem Benzinschleudern bejubelt werden, überhaupt noch zeitgemäss? Stäuble nickt und erläutert: «Was kaum jemand weiss, ist, dass die Formel 1 immer nachhaltiger wird und mit den effizientesten Motoren überhaupt unterwegs ist. Bereits seit 2014 fahren sie auf Druck der Automobilindustrie mit Hybridmotoren. Und ab 2030 sollen die Fahrzeuge energieneutral sein.» Weinmann wirft ein: «Das Verschieben des F1-Zirkus’ durch die ganze Welt hinterlässt aber natürlich schon einen grossen ökologischen Fussabdruck.»
Weinmann hat sich vorbereitet auf seine neue Aufgabe. Obwohl er betont, seinen Job bei «Schweiz aktuell» nicht aufgeben zu wollen, und auch keine Ambitionen habe, die Abteilung zu wechseln. Als Sport-Journalist hatte er ursprünglich seine Laufbahn begonnen. Mit Dani Bolliger, Bereichsleiter Live bei SRF Sport, arbeitete er früher bei Radio
Top. «Ich war damals schon sehr an der Formel 1 interessiert und versuchte, wenn irgendwie möglich, von der Präsentation des neuen Sauber-Autos zu berichten. Deshalb erinnerte sich Dani an mich und fragte mich an, die Königsklasse zu kommentieren. Das hat mich natürlich sehr gefreut.» Mehr als eine Handvoll Rennen pro Jahr werde er aber nicht abdecken.
Erstaunlicherweise sind die beiden F1-Männer privat keine Autofreaks. «Ich fuhr bis heute immer Occasionsautos», sagt Weinmann. Stäuble zeigt fast etwas verlegen auf das schnittige rote Auto, mit dem er gekommen ist. «Diesen charmanten Wagen musste ich einfach haben», meint er lachend zu dem eleganten Modell auf dem Parkplatz.
Als sie dann auf der Kart-Strecke in Spreitenbach zum Duell antreten, sind die beiden kaum mehr von der Strecke zu holen. Stäuble bittet sogar, dass er den einzigen «richtigen» Rennanzug des Veranstalters anziehen darf. Der muss ihm den Overall von einer Schaufensterpuppe ziehen. Die schnellste Runde geht trotzdem an Weinmann. Vielleicht wird er ja auch in der Formel 1 schneller heimisch, als gedacht?
Formel 1 im 2020
Seinen ersten Einsatz als Formel- 1-Kommentator hat Michael Weinmann beim GP von Ungarn (19.7., 14.50, SRF2, ab 15.35 Uhr, SRF info). Marc Surer ist als Experte dabei. Wegen Corona sind bislang nur zehn von ursprünglich 22 geplanten GPs terminiert, alle ohne Live-Publikum. Infos: www.srf.ch/sport/motorsport/formel-1