Ein Vaterunser vor jedem Auftritt

Der Schlagerstar aus Argentinien feiert in diesem Jahr sein 20-Jahre-Jubiläum. Im Interview spricht er über seine Karriere, das neue Album und seine Familie.

Von Irene Lustenberger

Obwohl er mit ein paar Stunden Verspätung in den Flumserbergen SG ankommt – er stand im Stau! – und sein Auftritt nach hinten geschoben werden muss, wirkt Semino Rossi (62) nicht gestresst. Im Gegenteil: Der Schlager­sänger hat ein Lächeln auf den Lippen, ist freundlich und charmant. Er entschuldigt sich mehrmals, dass die GlücksPost so lange aufs Interview warten musste und nimmt sich rund Dreiviertelstunden vor dem Auftritt Zeit fürs Gespräch.

GlücksPost: Haben Sie vor Ihren Auf­tritten Lampenfieber?

Semino Rossi: Ich habe grossen Respekt gegenüber dem Publikum. Sie bezahlen Eintritt, also möchte ich die Leistung erbringen. Deswegen bin ich schon ein bisschen nervös.

Haben Sie ein Ritual?

Ich gehe eine halbe Stunde vorher in die Garderobe und ziehe mich um. Dann bete ich ein Vaterunser, danach gehe ich auf die Bühne.

Ihren ersten TV-Auftritt hatten Sie 2004 bei Florian Silbereisen – der ­Beginn ­Ihrer Karriere. Wie feiern Sie Ihr 20-Jahre-Jubiläum?

Mit einer Show am 8. November in der Olympiahalle in Innsbruck. Mit dabei sind Andrea Berg, Beatrice Egli, Ramon Roselly und Roberto Blanco. Im Vorprogramm werden unter anderem die Calimeros und Charlien spielen. Das Konzert soll mein Dankeschön an meine Fans sein, die mich in den letzten 20 Jahren begleitet haben. Im Dezember gehe ich mit einer Band auf eine Weihnachtstour mit 13 Terminen, am 16. Dezember spielen wir in Zürich.

Mit Zürich verbinden Sie eine besondere Erinnerung.

Genau. Ich habe Argentinien am 19. März 1985 ohne Rückflugticket verlassen. Und genau 25 Jahre später, am 19. März 2010, bin ich im ausverkauften Hallenstadion aufgetreten. Das war schon sehr emotional.

Haben Sie sich jemals Gedanken ­gemacht, was aus Ihnen geworden wäre, wenn es mit der Karriere als Sänger nicht geklappt hätte?

Da ich sehr gerne koche, hätte ich wohl ein kleines Restaurant eröffnet.

Sie waren 20 Jahre lang Strassen­musiker. Was machen Sie heute, wenn Sie einen Strassen­musiker sehen?

Ich gebe immer etwas, manchmal 5 Euro, manchmal 10. Ich bleibe dann jeweils stehen, weil es das Schönste für einen Strassenmusiker ist, wenn die Leute anhalten und dir zuhören. Denn das bedeutet, dass das, was du machst, den Leuten gefällt.

Am 6. September erscheint Ihr neues ­Album «Magische Momente». Welches war ihr bisher magischster Moment?

Privat waren die schönsten und magischsten Momente die Geburten meiner beiden Töchter, beruflich die Tourneen und Reisen mit meiner Mama.

Was gibt es zum neuen Album zu sagen?

Es ist eine Mischung von Balladen und schnelleren, fröhlichen Liedern. Unter anderem habe ich meiner lieben Mama, die im Dezember leider gestorben ist, ein Lied gewidmet. Es heisst «Als wärst du noch hier». Meine Mama hat mich immer ermutigt, weiterzumachen. Sie stand immer hinter mir, auch wenn wir fast 13 000 Kilometer aus­einander lebten. Ausserdem beinhaltet das Album vier spanische Lieder, zwei selbst komponierte und zwei Cover. Eines davon ist «Perfect» von Ed Sheeran. 

Ihre Frau Gabi und Sie haben sich Anfang 2020 getrennt, sind dann aber zwei Jahre später wieder zusammen­gekommen. Wie schafft man das? 

Wir haben immer mit offenen Karten gespielt. Wir wollten uns nicht scheiden lassen, weil man damit eine ganze Familie ­kaputtmacht. Nach zwei Jahren ­Pause habe ich Gabi angerufen und ihr gesagt, dass ich mit ihr reden möchte. Wir haben uns getroffen und uns ausgesprochen. Die Liebe verzeiht und schafft alles. Solange man offen miteinander redet und beide aufeinander zugehen. ­Meine Frau hat mich immer akzeptiert, wie ich bin und mir die Freiheiten ge­geben, dass ich meinen Beruf ausüben konnte. Nicht jede Frau hat Verständnis dafür, wenn ihr Mann Musiker ist. 

Machen Sie in Ihrer Beziehung jetzt etwas anders als vorher?

Wir sprechen die Sachen gleich an, wenn uns etwas stört. Probleme werden ­sofort gelöst. Es ist besser, darüber zu sprechen, als die Faust im Sack zu machen.

Sie sind mittlerweile dreifacher Grossvater. Was machen Sie bei Ihren Enkeln ­anders als bei Ihren Töchtern Laura (33) und ­Vanessa (27)?

(Er strahlt.) Leonhard ist fünf, Sofia zweieinhalb und Valentina fünf Monate alt. Ich spiele mit ihnen Puppen und Fussball, bin ihr Opa und Freund und kümmere mich um alles, was Spass macht. Ich wetteifere mit meiner Frau um die Aufmerksamkeit meiner ­Enkel (lacht). Papa zu sein ist ein Wunder, aber Opa zu sein ist doppelt so schön! Das Lied «Du bist ein Wunder» auf meinem neuen Album ist meinen Enkeln gewidmet.

Welche privaten und beruflichen Träume haben Sie?

Ich möchte gerne eine CD auf Englisch und Spanisch aufnehmen. Privat hoffe ich, dass alles so bleibt, wie es ist, und dass mir meine liebe Tochter Vanessa irgendwann auch Enkel schenkt.