Ein Team wie Pech und Schwefel
Die Crew um den Late-Night-Satiriker ist nach sieben Jahren gemeinsame Arbeit fest zusammengewachsen. Das Ende von «Deville» wird sie in alle Winde zerstreuen.
Donnerstagnachmittag vergangene Woche im Folium Sihlcity in Zürich: Der Saal ist leer und verwaist. Ein paar Stühle in Reih und Glied, eine leere Garderobe und eine ausziehbare Leinwand erinnern daran, dass hier die SRF-Late-Night-Show «Deville» aufgezeichnet wird. Das karge Innere hat auch einen sinnbildlichen Charakter: Ab 12. 3. gibt es die letzte Staffel (siehe Box) – noch zwölf Mal, dann ist Schluss.
Dominic Deville (48) hat seine engsten Mitarbeiter zum Termin mit der GlücksPost mitgebracht. Einige sind seit den Anfängen der Sendung dabei. Die meisten sind in Gedanken noch voll bei der Arbeit. «Ich hatte keine Zeit und keinen Kopf, darüber nachzudenken, dass dies unsere letzte Staffel ist», sagt Produktionsleiterin Sarah Baumeler (28). Zuerst wird das Finale durchgezogen, was danach kommt, hat noch lange Zeit, sich in den Köpfen einzunisten.
Der Satiriker stellt seine «Gang» lachend als «zugelaufene Leute» vor. Bedingung für die Aufnahme ins «Deville»-Team sind mindestens zwei verschiedene fernsehbezogene Fähigkeiten. Bei den Einspielern kommt zudem jeder einmal an die Kasse als Darsteller. «Wir sind wenig Leute, verhältnismässig kleines Budget. Deshalb brauchen wir Allrounder, die alles können», erklärt der zweifache Vater. So fehlte etwa ein Teleprompter, um den Text abzulesen: Statt auf Einkaufstour zu gehen, bastelte Autor und Grafiker Michael Shepherd (30) kurzerhand selbst einen. Auch die Leuchttürme, die die Bühne zieren, hat er programmiert – die Bauanleitung lieferten ihm Youtube-Videos. «Das ist das Geheimnis unseres Erfolgs, deshalb kommen wir durch», resümiert Dominic Deville.
Shepherd trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift «I got fired». Deville erklärt: «Wir wussten schon lange, dass SRF nebenbei an einer eigenen Comedysendung arbeitet. Sie haben uns darüber informiert.» Auch für ihn wäre die Zeit reif gewesen für Veränderungen. Er hätte «Deville» gerne von Grund auf erneuert: «Eine neue Idee, eine Überarbeitung, ist alle paar Jahre nötig.» Daraus wird nun nichts. SRF will etwas ganz Neues aus der eigenen Küche. «Deville» zog die Konsequenzen. Immerhin hat die Show seit sieben Jahren Bestand: «Es läuft gut, die Quoten sind erfreulich. Man sollte ja aufhören, wenn es am besten ist.»
Und doch tut es weh, wenn ein eingespieltes Team auseinandergerissen wird. Sie arbeiten völlig unabhängig von SRF. «Am Sonntagnachmittag erhält der Sender die zur Ausstrahlung fertige Sendung», erläutert Deville. «Beim Dreh des letzten Sketches flossen ein paar Tränen – sogar bei Dominic», sagt Autorin, Sketch-Darstellerin und Regisseurin Simone Kern (42). «Diese Sendung ist so toll auf uns zugeschnitten. Wir konnten sie im Laufe der Jahre weiterentwickeln, wuchsen daran. Das wird es so nie mehr geben.» Die Crew sei nach der Aufzeichnung der Show jeweils zu einem Brettspielabend weitergezogen. «Nach 13 Stunden Arbeit ging es erst richtig los», sagt sie wehmütig.
Eine gewisse Existenzangst ist spürbar. Bildredaktorin Aissa Tripodi (30) meint: «Für Leute wie uns gibt es leider nicht viele Angebote, es gibt nun mal nur einen Comedy-Sendeplatz auf SRF.» Baumeler erinnert daran, dass ein deutscher Sender Interesse an der Deville-Crew zeigte: «Sie wissen, dass es hier eine schlagfertige Truppe gibt.»
Der Namensgeber der Sendung weiss hingegen schon, wie es für ihn weitergeht: Er plant ein neues Bühnenprogramm auf April 2024. Dominic Deville wird dem Publikum also erhalten bleiben.