Viktor Giacobbo
Ein Herz für Tiere und Satire
Zwei Jahre ohne «Giacobbo/Müller» sind genug! Der Komiker sagt, warum er nun für Abhilfe sorgt und was ihn in den Regenwald nach Sumatra zieht.
Seit die «Giacobbo/Müller»-Ära Ende 2016 ein Ende fand, versucht das Schweizer Fernsehen, einen adäquaten humoristischen Nachfolger zu etablieren. Bisher ohne Erfolg. Dem Vergleich mit Late-Night-Übervater Viktor Giacobbo (66) entkommt keiner. Das findet dieser selber nicht ganz fair: «Ich mache das schon so lange: 26 Jahre. ‹Viktors Programm› war die erste Late-Night-Sendung der Schweiz überhaupt. Und ich habe wie jeder Anfänger auch Fehler gemacht.»
Zudem glaubt er, dass es da draussen sehr wohl Talente gibt: «Ich habe immer wieder Leute in ihren Anfängen gesehen, die heute sehr bekannt sind. Das will ich auch im Casinotheater Winterthur tun: den jungen Talenten ein Forum, eine Bühne bieten.» Diese kommen denn auch immer wieder mit Fragen auf ihn zu und sind froh über einen guten Rat.
Bald steht Giacobbo wieder selber vor Publikum – mit «Giacobbo/Müller in Therapie». Die Aussicht auf Spass sei am Anfang der Idee gestanden, das Late-Night-Duo zu reaktivieren und auf die Bühne zu bringen. «Bei allem, was ich mache, zählt nur: Habe ich Lust dazu, und finde ich es lustig.» Den Zuschauern ihr verlorenes TV-Highlight zurückzugeben, sei kein Beweggrund gewesen. «Und wir machen auch nicht die Sendung auf der Bühne. Es gibt keine Kostüme, keine Figuren. Mike und ich spielen uns selbst. Wir sind neurotisch, schwierig und leiden unter dem Ende der Fernsehsendung.» Wie viel ist an dem Plot wahr? «Wir wollen offen lassen, was Wahrheit und was Behauptung ist. Ich liebe das. Mein grösster Erfolg ist immer noch, dass der ‹Blick› sich auf die Suche nach meiner Tochter machte, die ich in der Sendung erwähnte und die gar nicht existiert.» Trotz allem Spass – die Erwartungen an die Satiriker der Nation sind gross. «Das ist auch gut so. Wenn du denkst, du kannst das alles mit links und ohne Anstrengung, ist etwas nicht mehr gut.»
Während Mike Müller seit dem Ende der Sendung mit einem Soloprogramm durch die Schweiz zieht und als «Bestatter» Mordfälle löst, ist Giacobbo als Talk-Gastgeber oder Gast aktiv. Und er hat ein neues Spielfeld entdeckt: Seit Januar unterhält er sich in seinem «Giacobbodcast» mit Leuten unterschiedlichster Provenienz. «Das Plaudern schafft eine besondere Atmosphäre. Es ist entspannt und unspektakulär – so erzählen die Leute mehr als in klassischen Interviews. Und es macht viel Freude.» Zudem nutzte Giacobbo die weniger gefüllte Agenda zum Reisen. Unter anderem nach Sumatra: Dort hat Regina Frey, Schwester des Kabarettisten Patrick Frey, eine Auswilderungsstation für Orang-Utans aufgebaut. «Die Primaten sind die Opfer im weltweit massiv gestiegenen Bedarf an billigem Palmöl, das inzwischen in praktisch jedem Produkt zu finden ist.» Die Regenwälder – die Habitate der Orang-Utans – werden gerodet um Palmöl-Plantagen zu errichten.
Das geht dem erklärten Tierliebhaber Giacobbo schwer gegen den Strich. «Als ich vor über 20 Jahren auf Regina Freys Arbeit gegen die Abholzung des Regenwaldes aufmerksam wurde, reiste ich mit einem Freund nach Sumatra und besuchte die Auswilderungs- und die Quarantänestation von Reginas Stiftung Paneco. Danach beteiligte ich mich am Landkauf für ein Stück Regenwald.»
Im Dezember wurde er ins Kuratorium von Paneco gewählt. «Wenn es die berühmte Grenze der Satire überhaupt gibt – dann dort, wo Menschen und Tiere leiden.»