Roger Federer
Dramatische Tage vor seinem 40. Geburtstag
Die Teilnahme an den Olympischen Spielen hat er abgesagt – um sein operiertes Knie zu schonen. Doch ist alles noch viel schlimmer? Wird sich unser Tennisheld nicht mehr an die Spitze zurückspielen können? Wird er nun aufhören?
Wieder einmal hat er einen Rekord geknackt: Roger Federer (39) ist der älteste Spieler, der es je in ein ATP-Viertelfinal schaffte! Und doch scheint bei seinen Spielen jeder Punkt, jeder Satz ein hart erkämpfter Schritt. Das operierte Knie macht ihm mehr zu schaffen, als ihm lieb ist. Die gewohnte Leichtigkeit und Überlegenheit des Maestro, seine Wow-Schläge sind rarer geworden. Ein Viertelfinal ist momentan auch das höchste der Gefühle für die Tennis-Legende. Weiter hat er es seit seiner Rückkehr auf die ATP-Tour nicht mehr geschafft.
In Wimbledon offenbarte Federer jüngst, wie langsam die Rehabilitation vor sich ging. Das ist nicht das heroische Comeback von 2017, als er – ebenfalls nach verletzungsbedingtem Ausfall – seinen ersten Auftritt an den Australian Open mit der Siegestrophäe in Händen beendete. Wird er es überhaupt noch einmal nach ganz vorne schaffen? Will er das? Erwartet er das von sich? SRF-Tennis-Experte Heinz Günthardt (62) betont: «Ein Viertelfinal ist immer eine sehr gute Leistung, erst recht in seinem Alter. Nach dem harzigen Tiebreak im 2. Satz schossen ihm wahrscheinlich so viele Gedanken durch den Kopf, dass er nicht mehr fähig war, sich auf dem Platz zu verkaufen. Das wäre ihm früher nicht passiert.» Vielleicht habe er sich zu sehr unter Druck gesetzt, weil es Wimbledon war, sagt Günthardt weiter. «Das war nicht optimal.» Und doch verliess der 20-fache Grand-Slam-Gewinner den heiligen Rasen unter Standing Ovations.
Simon Graf, Journalist beim «Tagesanzeiger» und Federer-Biograph, meint: «In Paris sagte er zu mir, er wisse, dass er zu früh zurückgekommen sei. Für Wimbledon brauchte er jedoch Spielpraxis. Und er ist sich bewusst, dass er nun mehr Niederlagen und Leistungseinbussen einstecken muss.» Trotzdem bewundert Graf den Basler für seinen Mut, das Risiko einzugehen und es nochmals zu versuchen. «Er hat jedes Recht dazu, auch wenn er vielleicht scheitert, Erwartungen nicht erfüllt. Für mich ist das ein Zeichen von Stärke.» Viele seiner Fans, die ihm in Wimbledon wie gewohnt zujubelten, sehen das offenbar ähnlich: Hauptsache Federer spielt – und sein magisches Tennis ist noch live mitzuverfolgen.
Günthardt findet es ebenfalls schön, dass der Tennis-Liebling weitermacht: «Das Stadion steht kopf, wenn er hereinläuft. Ich würde ihm sehr gerne weiter zusehen.» In Paris hatte Federer gesagt, er spiele nicht, um zu gewinnen. «Doch in Wimbledon, quasi seinem Wohnzimmer, mit einem 0:6-Satz vom Platz gehen zu müssen, war sicher sehr hart für ihn», analysiert Simon Graf. «Ich glaube, er hat noch nie einen Satz zu Null verloren.»
Nun hat Federer die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio abgesagt. Einerseits, um sich zu schonen, wie er selbst mitteilt: «Während der Grasplatz-Saison habe ich leider einen Rückschlag mit meinem Knie erlebt.» Zudem kämpft Federer gerüchteweise mit weiteren körperlichen Problemen. Andererseits würde ihm in Tokio sicher seine Familie fehlen, die er nicht nach Japan hätte mitnehmen können. Aus ihrer Anwesenheit schöpft er seine Kraft. Und was immer nun Federer plant, Ehefrau Mirka wird stets eingebunden und steht ihm beratend zur Seite.
Ein weiterer Titelgewinn, eine Medaille zum 40. Geburtstag am 8. August – das wäre ein passendes Geschenk an sich und seine Fans gewesen. Ein schöner, aber geplatzter Traum: Nun wird er sein rundes Wiegenfest wohl im Kreis von Familie und Freunden verbringen. Sein Vater Robert Federer (75) betont auf Anfrage der GlücksPost, dass sein Sohn sich die Laune nicht verderben lasse: «Nein, nein, er ist weder unglücklich noch enttäuscht.»