Die Sorge um das Seelenwohl ihrer Kinder

Während die Fürstin ihre psychische Erkrankung in der Schweiz behandeln lässt, geht für ihre Zwillinge das Leben in Monaco weiter – fern von der Mama. Was macht das mit ihren Seelen? Und wie können ihre Eltern sie in der schwierigen Situation unterstützen?

Fast ein Jahr ist vergangen, seit Fürstin Charlene (44) Monaco für eine Reise in ihre Heimat Südafrika verlassen hat. Und monatelang nicht wiederkam. Als es dann im November so weit war, flog sie gleich weiter – in die Schweiz, wo sie seither in einer psychiatrischen Klinik ist. Fürst Albert II. (63) erzählte vom Wiedersehen und bestätigte kursierende Gerüchte: «Sie war eindeutig erschöpft, körperlich und seelisch. Sie war überfordert, konnte sich weder den offiziellen Pflichten noch dem Leben im Allgemeinen oder gar dem Familienleben stellen», erklärte er. Zudem habe sie stark an Gewicht verloren und leide unter Schlafproblemen.

In Monaco zurückgeblieben sind neben ihrem Mann auch ihre siebenjährigen Zwillinge Jacques und Gabriella. Wie sehr leiden sie? Was können die Eltern tun, um ihnen zu helfen? Die GlücksPost sprach mit Dr. med. Kurt Albermann, Chefarzt des Sozialpädiatrischen Zentrums am Kantonsspital Winterthur und ärztlicher Leiter des Instituts Kinderseele Schweiz, das Kinder von psychisch belasteten Eltern unterstützt.

 

GlücksPost: Charlenes Abwesenheit liegen psychische Probleme zugrunde. Inwieweit sollte man die Kinder diesbezüglich einweihen?

Dr. med. Kurt Albermann: Es ist wichtig, sie zu informieren – altersentsprechend. Dass Mami sie liebhat, es ihr aber nicht gut geht. Dass sie im Spital ist und es deshalb vielleicht nur wenig Kontakt gibt.

Was ist denn in Bezug auf Kontakte bzw. Besuche zu beachten?

Kinder in diesem Alter lieben und brauchen beide Elternteile, und so wünscht man ihnen natürlich, dass der Kontakt – sei es mit Besuchen, per Telefon oder Video-Call – nach wie vor eng bleiben kann. Geht es jemandem aber sehr schlecht, ist es notwendig, sich auch darüber Gedanken zu machen, ob vorübergehend weniger oder gar kein Kontakt vielleicht besser ist.

Weshalb könnte das der Fall sein?

Das ist natürlich sehr individuell. Aber beispielsweise, wenn die Person sich sehr verändert hat – im Denken, im Verhalten oder auch in der Fähigkeit, Gefühle wahrzunehmen, mitzuschwingen und auf andere einzugehen. Das kann Kinder verunsichern und belasten. Vielleicht ist es aber auch der Erkrankte selbst, der eine Zeitlang Abstand braucht.

Es soll Besuche der Kinder gegeben haben. Was gilt es da zu beachten?

Fachleute oder Eltern sollten die Kinder vorbereiten und ihnen erklären, dass die Mutter vielleicht etwas traurig ist und anders reagiert, als sie es kennen. Dass es nicht an ihnen, sondern an der Krankheit liegt und sie an diesem Ort in guten Händen ist. Wichtig ist es im Übrigen auch, Telefonate gut zu planen. Die Kinder sollten genau wissen, zu welchen Zeiten sie mit ihrer Mutter telefonieren können, sodass sie nicht ständig auf einen Anruf warten.

Der Fürstin schlägt teilweise Un­verständnis entgegen, weil sie sich nicht nahe ihrer Familie behandeln lässt. Wie bewerten Sie das?

Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, ohne die genauen Verhältnisse zu kennen. Vielleicht benötigt sie eine besonders spezialisierte Klinik – oder einfach den nötigen Abstand, Ruhe und Zeit, um gesund zu werden. Das finde ich einen legitimen Wunsch. Für Personen in der Öffentlichkeit ist es häufig noch etwas schwieriger, mit so einer Krankheit umzugehen, und ich finde es gut, dass das Fürstenhaus das nicht tabuisiert.

Leicht ist das für Charlene bestimmt nicht …

Nein, sie ist wahrscheinlich in einem Dilemma: Wie schaffe ich es, meine diversen Pflichten – dem Palast, dem Land, der Öffentlichkeit gegenüber – zu erfüllen? Was sind meine eigenen Bedürfnisse? Wie kann ich allen gerecht werden? Und dazu eine gute Mutter sein.

Sie hat immer betont, dass ihr das Wohl der Kinder das Wichtigste ist.

Ja, jede Mutter will es perfekt machen. Natürlich ist es dann auch mit Scham verbunden, wenn du feststellst, dass du überfordert bist. In solchen Situationen leiden nicht nur die Kinder, es ist auch für die Eltern sehr schmerzhaft.

Fürst Albert II. nimmt die Zwillinge nun öfter zu Terminen mit, hat sie auch aus der Schule genommen, weil es in der derzeitigen Situation einfacher sei. Ein guter Schritt?

Das ist von ausserhalb schwer zu kommentieren. Vielleicht möchte er sie vor Fragen schützen. Manche Kinder sind traurig, ziehen sich zurück oder sind auf andere Weise gestresst. Grundsätzlich sollten die Kinder ihre gewohnte Umgebung behalten können, ihre Hobbys und Freunde. Man kann sie auch vor­bereiten und ihnen helfen, sich abzugrenzen. Etwa, dass sie sagen dürfen: «Mami ist krank, aber ich möchte nicht weiter darüber sprechen.»

Könnten Jacques und Gabriella aus dieser Zeit ein Trauma davontragen?

Es können Verlustängste entstehen. Aber: Es muss keinen Schaden hinterlassen, viele Kinder gehen auch gestärkt aus solchen Situationen heraus. Wichtig ist, wie man diese Zeit gestaltet. Es müssen Bezugspersonen da sein, die ihre Fragen beantworten, ihnen die Ängste nehmen und Sicherheit geben. Sie müssen wissen, dass ihre Mutter sie liebhat und ihr geholfen wird. Dann sehen sie, dass es auch in solchen Momenten einen Weg gibt.

Im Fall von Charlene ist es jetzt bereits ein Jahr her, seit sie von ihrer Familie getrennt ist. Spielt der Zeitfaktor eine Rolle für die Kinder?

Ein ganzes Jahr ist natürlich eine lange Zeit. Und klar besteht die Gefahr, sich voneinander zu entfremden. Um trotz Entfernung Nähe zu vermitteln und die Verbundenheit zu ihrer Mutter aufrechtzuerhalten, ist es hilfreich, gemeinsame, schöne Erinnerungen lebendig zu halten. Sie kann ihre Kinder nach deren Befinden und den Erlebnissen im Alltag fragen. Es ist für alle Beteiligten wichtig, trotz Belastungen wertschätzend den Kontakt mit­einander zu pflegen.

Was ist zu beachten, wenn Charlene wieder zurück ist? Kann das Leben normal weitergehen, oder braucht es eine Aufarbeitung gemeinsam mit den Kindern, eine spezielle «Beziehungspflege»?

Einmal mehr, ohne Einzelheiten zu kennen, ist es schwer, konkrete Empfehlungen abzugeben. Ihr Umfeld sollte der Fürstin ermöglichen, sich erst nach und nach wieder ihren zahlreichen Aufgaben widmen zu müssen. Für alle wird es Zeit brauchen, sich wieder aneinander zu gewöhnen. Die Kinder könnten befürchten, dass ihre Mutter sie wieder verlässt, extrem anhänglich oder wütend auf sie sein, sie vielleicht ignorieren. Das fällt nicht leicht, verunsichert, tut weh. Hier können Fachpersonen wertvolle Unterstützung leisten.