Auf zu neuen Ufern

Er setzt alles auf die Musik: Seinen Lehrerjob hat der Berner vor kurzem aufgegeben, um den Traum von einer internationalen Karriere anzugehen. Doch trotz grossen Zielen will der Cellist seine Bodenständigkeit auf keinen Fall verlieren.

Von Remo Bernet

Mit seiner Musik begeistert der ­Emmentaler im Internet ein Millionenpublikum. Doch Starallüren sucht man bei Jodok Vuille (36) vergebens – auch wenn das bei seinem aktuellen beruflichen Höhenflug nicht einfach sei: «Ich tauche in eine Welt ein, die mir fremd ist.» Er wuchs auf einem Bio-Bauernhof im Grünen auf, sei auch heute noch sehr naturverbunden. 

Bis heute habe er grosse Freude daran, seine Eltern zu unterstützen, die Kühe zu melken, zu heuen oder zu holzen. «Plötzlich bin ich in ganz anderen Kreisen, ­fliege Business-Class und werde in teure Hotels eingeladen.» Das schätze er sehr – doch habe er selbst Respekt davor, nicht ab­zuheben. «Ich versuche, bodenständig und demütig zu bleiben.» Auch wolle er die Freude an den kleinen ­Dingen des ­Lebens nicht verlieren.

Welt-Hits neu interpretiert

Bekannt wurde er durch Videos, in ­denen er Welt-Hits klassisch mit dem Cello neu interpretiert. «Und mit diesen Videos bin ich plötzlich viral gegangen», sagt der 36-Jährige. Was er damit meint: Seine ­Inhalte werden rund um den Globus angeschaut. Über zehn Millionen Menschen verfolgen seine Leidenschaft für die ­Musik geteilt auf Plattformen wie Tiktok oder Youtube.

Bis vor wenigen Wochen arbeitete der Berner noch Teilzeit als Musik- und Sportlehrer. Seine Schüler waren es auch einst, die ihm zum Durchbruch verhalfen. Erst durch sie kam er so richtig mit den Online-Plattformen in Kontakt. «Sie meinten, ich solle mal was Cooles machen, und so veröffentlichte ich meine Videos auch auf Tiktok.» Und damit traf er einen Nerv der Zeit: Selbst Ex-Bond-Darsteller Pierce Brosnan (71) ist Fan des Schweizers. Der Ire teilte eines seiner Stücke.

Seine früheren Schülerinnen und Schüler bleiben wohl aber Jodok Cellos, wie er sich online nennt, grösste Fans. «Einer wollte mal eine Autogrammkarte von mir», erzählt er und muss kurz schmunzeln. Denn kurz darauf hätten Freunde von ihm entdeckt, dass diese für 300 Franken im Internet zum Verkauf angeboten wurde. Er habe die Zeit als Lehrer sehr genossen, trotzdem wolle er nun alles auf seine Musikkarriere setzen. «Ich glaube, ich würde es bereuen, wenn ich es nicht versuchen würde.»

Beide Jobs unter einen Hut zu bringen, war zuletzt eine Herausforderung. Denn rund um den Globus ist die Musik von ­Jodok Vuille gefragt. «Ich konnte vor ein paar Monaten für die katarische Königs­familie spielen.» Sie hätten ihn nach Doha eingeflogen. «Für mich als Bauernsohn war diese Welt mega eindrücklich.»

Sein grosser Traum: eine Welttournee. Den Startschuss dafür legt er am 26. März mit einem Auftritt im Theater 11 in Zürich. Danach will Vuille trotz Erfolg im Internet international durch­starten. «Ein Musiker lebt natürlich schon für den Moment, wenn er auf der Bühne steht und die Leute im Konzertsaal hat.»

Abschalten kann er in der Natur. «Wenn es mal etwas viel ist, gehe ich in den Wald spazieren und atme einfach mal die frische Luft ein.» Auch könne er sich bei seiner Freundin Stefanie fallen lassen. Die Liebe zur Musik verbindet die beiden: «Sie ist selbst Pianistin und Sängerin und versteht mich deshalb sehr gut.» Als «Duos Piace» haben sie regelmässig gemeinsame Auftritte. Und wer weiss: Vielleicht stehen sie irgendwann auch gemeinsam auf den Bühnen rund um den Globus.