Hausi Leutenegger
«Auf die eigene Familie kann ich mich verlassen!»
Er ist zufrieden mit seinem Leben – und froh, dass er Menschen um sich hat, auf die er zählen kann. Aus Dankbarkeit geht der Unternehmer auch jeden Sonntag in die Kirche.
Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön», heisst es in einem Volkslied. Bei hohem Wellengang auf dem Lac Léman ist sie auch abenteuerlich. Aber kein Problem für den Kapitän am Steuer: Denn Hans «Hausi» Leutenegger (78) hat in seinem turbulenten Leben schon ganz andere Klippen umschifft.
«D’Ihr sid doch de Hausi!», spricht ihn am Hafen eine Dame an. Eine Szene, wie man sie immer wieder erlebt, wenn man mit dem erfolgreichen Unternehmer unterwegs ist. Dieser macht freudestrahlend rechtsumkehrt, geht schnurstracks zurück zu seinem neuen Motorboot, holt von dort seine Autobiographie und schenkt sie der Dame spontan.
Klar, dass auch noch ein gemeinsames Foto gemacht werden muss. Dann sagt sie den Satz, der die GlücksPost überhaupt nicht erstaunt: «Wer als Schweizer den Hausi Leutenegger nicht kennt, der ist kein richtiger Schweizer!» Das spricht für den Mann.
Die Szene findet nicht etwa irgendwo in der Schweiz statt, sondern im idyllischen Yvoire auf der französischen Seite des Genfersees. Marie-Louise, laut eigenen Angaben Ende 50, ist aus Gruyère. Anderen an dieser romantischen Ecke des Genfersees geht es mit Hausi ähnlich. Die drei Thurgauer vom Bodensee, die ihr Boot gleich neben Hausis Motorboot parkieren, freuen sich ebenso über die unverhoffte Begegnung mit ihrem smarten Kantonshelden wie ein Berner Ehepaar auf einem anderen Schiff.
Für ihn ist das alles Routine. Wo immer er auftaucht, grüssen ihn die Menschen erfreut. «Hoi Hausi», «Salü Hausi» oder «Ciao Hausi» – das hört man an jeder Ecke. Ob er nun an einem Schwingfest auftaucht, bei der Verleihung des «Prix Walo» als Laudator überraschend auf der Bühne steht, irgendwo auf einem Golfplatz zum Swing ansetzt oder an der Olma seine traditionelle Bratwurst isst: Der Multi-Millionär aus dem Weiler Höfli bei Bichelsee, Thurgau, ist bekannt wie ein bunter Hund.
Seine Familie bedeutet ihm alles. Nach dem Krebs-Tod seiner ersten Frau Elfriede hat er ein neues Glück gefunden: Anita (62) aus Gland VD, die er vor sechs Jahren heiratete. Aber einen wie Hausi kann man nicht anbinden. «Anita lässt mich leben. Wir haben es sehr gut zusammen. Sie ist ein guter Mensch, ich kann 100 Prozent auf sie zählen. Wie heisst es doch so schön: Gegensätze ziehen sich an.» Er hat Anita versprochen, nur noch zusammen mit ihr Reisen zu unternehmen.
«Hans und ich sind eine spezielle Nummer», meint Anita auf die Frage nach ihrer Beziehung und schmunzelt. «Solche zwei wie uns gibt es sonst wohl nirgends. Wir passen prima zusammen. Hans ist sehr grosszügig. Und er lässt mich leben.» Hatten wir das nicht eben schon gehört? Hausi setzt sein gewinnendes Lächeln auf, als er diese Sätze hört. «Alle meine Freunde lieben Anita, weil sie so zurückhaltend ist», sagt er stolz.
Der Geschäftsmann Hans Leutenegger ist privat ein ganz anderer als der Hausi in der Öffentlichkeit. Er weiss, woher er kommt und wo seine Wurzeln sind. In einer kinderreichen Familie im Hinterthurgau aufgewachsen, musste er sich seinen Weg vom Bauschlosser zum millionenschweren Unternehmer hart erkämpfen, und das, «ohne je einen Kredit zu beanspruchen», wie er stolz erzählt. Die Idee, Handwerker an Firmen und Aufträge zu «vermieten», hat ihn reich gemacht. Eines der letzten grossen Projekte war der Bau des NEAT-Gotthard-Tunnels, bei dem die Hans Leutenegger SA 90 Mitarbeiter arbeiten liess.
Seit 15 Jahren ist Leuteneggers Firma auch in Bad Krozingen (D) domiziliert. Sie wird inzwischen von CEO Urs Vögele geführt. Leuteneggers Sohn Jean-Claude (47) ist Verwaltungsratspräsident, Schwiegersohn Jean-Paul, Mann seiner Tochter Corinne, Verwaltungsrat wie auch Golf-Freund Franco Bianchi. «Auf die eigene Familie kann man sich immer verlassen», lautet Hausis Credo. In die Geschäfte mischt sich der Besitzer nicht mehr ein. «Ich bin jedoch immer noch umä, lasse mich wöchentlich über den Geschäftsverlauf orientieren», sagt er. «Ich bin zufrieden, es läuft sehr gut.»
Derzeit arbeiten 1000 Mitarbeiter für die Hans Leutenegger SA. Hausi ist nicht nur ein begnadeter Geschäftsmann: Sein Geld hat er sehr bodenständig angelegt und in einigen Kantonen Häuser gekauft, grosse Liegenschaften und Wohnblöcke. Seine Popularität bei der Bevölkerung freilich hat ihre Schattenseiten, auch wenn er seinen Reichtum nicht an die grosse Glocke hängt: Neider. Hausi zuckt mit den Schultern. «Nur im Tod hast du keine Neider», meint er cool. Und setzt noch einen drauf: «Wie heisst es doch so treffend: Hast du Neider, hast du Brot, hast du keine Neider, bist du in Not.» Dankbarkeit für sein erfülltes Leben zeigt er gegenüber seinem Schöpfer: Der gläubige, praktizierende Katholik besucht jeden Sonntag den Gottesdienst.
Der vierfache eidgenössische Kranzturner und Bob-Olympiasieger hat im Verlaufe seiner Karriere auch als Schauspieler in 36 Filmen eine gute Figur abgegeben; sechs davon waren internationale Produktionen. Zwischendurch nahm er auch Kurzrollen an. «Ich war mir nie für etwas zu schade. Wichtig war für mich einfach, nicht zu viel Zeit dafür opfern zu müssen.»
Kürzlich sei er vor einem Autobahn-WC von einem Mann im gelben Übergwändli angesprochen worden, der den Dreck der Menschen wegputzt, erzählt
er. «Ich kenne Sie», habe der zu ihm gesagt. «Mein Sohn arbeitet bei Ihnen, hat von Ihnen geschwärmt. Sie seien ein Boss mit Herz.» Und wieder setzt Hausi Leutenegger sein gewinnendes Lächeln auf. «Ich habe ihm spontan 100 Franken zugesteckt. Er solle mit seiner Frau fein Znacht essen gehen.»