«Der Applaus gibt mir viel Kraft»

Mit 83 Jahren 16 Monate lang nonstop ­auf Tournee durch die Schweiz und Deutschland – die Bühne ist der Jungbrunnen für das Luzerner Kabarett-Denkmal. Und seine geliebte Frau Niccel sein Rückhalt.

Hand aufs Herz: Könnten Sie sich den 83-jährigen Grossvater vorstellen, wie er in Ihrem Dorftheater einen Monat lang eine der Hauptrollen spielt? Emil Steinberger ist 83. Seit dem 16. September letzten Jahres steht der erfolgreichste Schweizer Kabarettist aller Zeiten auf deutschsprachigen Bühnen. Ab 9. Februar 45 Shows alleine in deutschen Theatern, von München und Frankfurt bis Hamburg, Stuttgart und Heilbronn. Die meisten schon vorab ausverkauft! Letzte Station ist am 12. Dezember in Lever­kusen.

Dazwischen ist die Schweiz mit 65 Shows dran, zumeist ebenfalls schon ausverkauft. Mit 33 Auftritten im Basler Fauteuil Theater gibt Emil frei nach dem Tournee-Motto «Emil – no einisch!» ein Heimspiel und gönnt sich gleichzeitig ein kleines Tournee-«Päuschen»: Emil und seine Frau Niccel (50) wohnen in Basel. Sonst schaut das Paar, dass sie nach den Auftritten heimreisen können, um im eigenen Bett zu schlafen. «Blöd ist nur», sagt Emil lachend, «dass kaum mehr ein Restaurant offen hat, wenn wir uns auf den Heimweg machen. Die einzige Rettung ist manchmal ein Big Mac. Vor den Auftritten kann ich nichts essen.» Schicksal vieler Künstler! Natürlich stellt sich einem bei diesem Mammut-Tournee-Programm die Frage: Wie schafft Emil das alles? Die Bühnenshows sind kein Honiglecken; sie dauern jeweils mindestens zweieinhalb Stunden. Dazu kommt: Emil steht allein auf der Bühne, nur er und seine Mini-Requisiten, die verschiedensten Mützen und Bekleidungen. «Das ist der Punkt», meint Emil Steinberger zur Frage, wie er das alles schaffe. «Es sind diese positiven Reaktionen des Publikums, die mir die Kraft geben, das durchzustehen. Ich muss den Applaus auch nicht teilen; ich bin der einzige Empfänger.»

Wir plaudern vor Emils Auftritt locker in der Garderobe des Zürcher Schauspielhauses. Entspannt spricht er über das Lachen seines Publikums. «Da sitzen manchmal vier Generationen einträchtig nebeneinander und kugeln sich vor Lachen. So etwas zu erleben, ist sehr schön. Vor allem, wenn die Leute am Schluss das Theater strahlend verlassen.» Täglich unterwegs zu sein, ist für Emil keine Belastung. «Es ist eine Wohltat. Diese Tage sind für meine Frau Niccel und mich angenehmer als zu Hause am Schreibtisch zu sitzen und darüber nachzudenken, was heute ansteht. Manchmal gehen wir zusammen einkaufen, trinken unterwegs ein Käfeli. Wir achten bewusster auf die Ernährung.» Beim Kochen würden sie sich abwechseln. «Du kochst besser», sagt Niccel. Emil schwärmt von ihr. «Niccel ist eine Wundertüte und meine ‹Roadmanagerin›. Sie packt das Auto mit den Requisiten, trägt alles runter und stellt auf der Bühne die richtigen Teile an den richtigen Ort. Sie kann einfach alles.»



Emil bringt alle Klassiker

«Die Klassiker müssen exakt bleiben. Man darf die Leute nicht enttäuschen, nichts abändern oder improvisieren. Sie wollen das Original», sagt Emil. Und bringt in seinem zweieinhalbstündigen Programm alles, was das Emil-Fan-Herz begehrt. Ob die «Polizeihauptwache», «Das Chileli von Wassen», «Die Bauernregeln» oder «Der Jasstisch» – zeitlose Beschreibungen Schweizer Eigenheiten, zum Brüllen komisch, manchmal böse und sehr zutreffend. Die Daten: www.emil.ch