Wenn das Auge uns verblüfft

Warum sehen wir manchmal «Sternchen»? Warum können Tränen fliessen, auch wenn wir gar nicht traurig sind? Diesen und weiteren Rätseln, die uns unsere Augen aufgeben, sind wir nachgegangen.

Jeder von uns kennt solche Phänomene: Tränen in den Augen, Sterne, Blitze oder Farben sehen bei geschlossenen Augen. Sie gehören zum Leben – wir machen uns darüber nicht gross Gedanken. Wenn doch, kommt aber die Frage auf: Ist das vielleicht ein Anzeichen für eine Erkrankung?

Roger Anhalm, diplomierter Augenoptiker und leitender Optometrist der Pallas Kliniken, kennt diese «rätselhaften Erscheinungen» und weiss auch, wie es dazu kommt. Er erklärt uns ihren Ursprung – und ob und wann sie möglicherweise doch genauer untersucht werden sollten.


Phänomen Sterne

Wenn wir zu schnell aufstehen, kann es geschehen, dass wir «Sternchen» sehen. Meist fühlen wir gleichzeitig leichten Schwindel. Wie entstehen diese «Sterne»?

Erklärung: Das Auge reagiert sehr empfindlich auf Veränderungen in seiner Durchblutung. Nicht nur nach schnellem Aufstehen, sondern zum Beispiel auch nach Niesen oder Husten kann der Blutdruck rasch ansteigen und auch wieder abfallen. Die Sternchen entstehen durch eine Reizung der Netzhaut, die durch diese Druckschwankungen ver­ursacht wird.

Gesundheitsrisiko: Das «Sternchensehen» kann als vorüber­gehendes Phänomen auftreten. Wenn organisch alles in Ordnung ist, muss man sich keine Sorgen machen. Nehmen Sie jedoch einseitig oder vermehrt solche Blitze wahr, sollten Sie den Augenarzt aufsuchen.


Phänomen Tränen

Plötzlich kullern die Tränen – auch wenn wir nicht weinen. Woher kommt die Flüssigkeit?

Erklärung: Der Tränenfilm besteht aus drei Schichten, die in einem Gleichgewicht stehen müssen. Wird dieses beispielsweise durch starkes Licht oder Wind gestört, verändert sich die Zusammensetzung des Tränenfilms und er wird wässrig. Der Tränenfilm kann so nicht mehr auf dem Auge bleiben und sammelt sich auf der Lidkante. Wenn zu viel Tränenflüssigkeit auf dem Auge ist, beginnt das Auge zu tränen. Kommt dieses Tränen öfter vor, spricht man vom «Trockenen Auge». Dies weil die Ursache für tränende Augen eine schlecht benetzte Augenober­fläche ist. Das Trockene Auge kann zu Augenreizungen, roten oder brennenden Augen führen.

Gesundheitsrisiko: Das Trockene Auge sollte man beim Augenarzt abklären lassen.


Phänomen Augenreiben

Besonders bei kleinen Kindern ist Augenreiben ein deutliches Zeichen für Müdigkeit. Aber auch Erwachsene tun es. Warum reibt man sich die Augen, wenn man müde wird?

Erklärung: Wenn wir müde werden, stellt sich der Körper langsam auf Schlaf ein. Dies führt auch dazu, dass die Tränendrüse weniger Flüssigkeit produziert. Denn wenn wir schlafen, sind unsere Augenlider geschlossen und die verbleibende Tränenflüssigkeit kann so nicht verdunsten.

Wenn wir nun länger wach bleiben, sich der Körper aber bereits aufs Schlafen eingestellt hat, produziert die Tränendrüse trotzdem weniger Flüssigkeit – diese benötigen wir aber, damit das Auge gut benetzt ist. Das Auge wird trocken und beginnt zu jucken. Das Reiben selbst lindert zwar kurzzeitig den Reiz, die Tränendrüse produziert aber trotzdem nicht mehr Tränenflüssigkeit. Aufgrund der mangelnden Tränenflüssigkeit blinzeln wir bei Müdigkeit auch häufiger. Dies verteilt zwar den verbleibenden Tränenfilm etwas besser, fördert aber nicht die Produktion der Tränenflüssigkeit und hält uns auch nicht länger wach. Die Autoindustrie nutzt dieses häufige Blinzeln mittels entsprechender Geräte übrigens bereits als Warnzeichen, dass der Fahrer eine Pause benötigt.

Gegen müde Augen hilft also nur eines: schlafen gehen.

Gesundheitsrisiko: Tritt das Augenreiben und häufige Blinzeln nicht nur bei Müdigkeit, sondern häufiger auf, sollte man beim Augenarzt abklären, ob man unter dem Trockenen Auge oder einer Allergie leidet.


Phänomen Augenkneifen

Wer etwas ganz genau betrachten möchte, kneift oft die Augen zusammen. Warum haben wir das Gefühl, mit halb geschlossenen Augen besser zu sehen?

Erklärung: Wer beim Zusammenkneifen der Augen besser sieht, hat vermutlich einen nicht korrekt auskorrigierten Sehfehler. Das Zusammenkneifen der Augen ist vom Effekt her ähnlich wie das Sehen durch eine kleine Lochblende, denn dadurch erhöht sich die Tiefenschärfe. Davon profitieren vor allem Kurzsichtige oder Personen mit einer Hornhautverkrümmung, sie sehen ein leicht schärferes Bild. Die Augen zusammenzukneifen, hilft aber nur sehr begrenzt: Zwar wird das Bild etwas schärfer, jedoch fällt auch weniger Licht auf das Auge, was das Bild wieder verschlechtern kann. Zudem ist der Bildausschnitt kleiner als beim normalen Sehen.

Gesundheitsrisiko: Ein direktes Risiko besteht zwar nicht, wer dieses Phänomen aber feststellt, sollte beim Augenarzt oder Optiker einen Kontrolltermin vereinbaren, da allenfalls eine leichte Fehlsichtigkeit korrigiert werden muss.