Was erwartet mich bei ­einer Chemotherapie?

Diagnose Krebs – und nun ist eine Chemo an­gesagt. Ein Szenario, das Angst macht. Was muss man dazu wissen? Die Krebsliga Schweiz weiss, worauf nun zu achten ist.

Bei rund der Hälfte der Krebspatientinnen und -patienten kommt die Chemotherapie während der Tumorbehandlung mindestens einmal zum -Einsatz. Die Angst vor diesen sogenannten Zytostatika ist weit verbreitet – vor allem wegen der Nebenwirkungen, denn die Chemotherapie zerstört nicht nur kranke, sondern auch gesunde Zellen. Selbst wenn medikamentöse Krebstherapien in den letzten Jahren dank medizinischen Fortschritten wirksamer und verträglicher geworden sind – ganz ohne sind sie nicht. Wir haben bei Cornelia Orelli, Beraterin beim Krebstelefon der Krebsliga Schweiz, nachgefragt, was neue Patienten wissen sollten.

GlücksPost: Wann kommt die Chemotherapie zum Einsatz?

Cornelia Orelli: Eingesetzt wird sie bei bösartigen Erkrankungen des blutbildenden und des lymphatischen Systems (also bei Leukämien, Lymphomen, Myelomen), bei örtlich ausgedehnten Tumoren, aber auch bei aggressiven Krebsarten im frühen Stadium und natürlich bei Tumoren, die bereits Ableger gebildet haben. Meistens wird die Chemotherapie mit anderen Verfahren wie Operation, Bestrahlung, Immuntherapien und zielgerichteten Therapien kombiniert.

Wie funktioniert die Behandlung?

Die Chemotherapie wird in der Regel über eine Vene, in manchen Fällen aber auch in Tablettenform verabreicht. Wenn immer möglich, erfolgt die Therapie ambulant. Die Dauer hängt davon ab, wie gut die Patientin die Chemo verträgt und wie sie darauf anspricht. Die Medikamente werden in Zyklen verabreicht. Das steigert ihre Wirksamkeit, denn die Zellen vermehren sich nicht alle gleichzeitig und sind deshalb nicht alle zum gleichen Zeitpunkt empfindlich für die toxische Wirkung der Chemotherapie. Die Chemotherapie besteht meistens aus einer Kombination mehrerer Medikamente (Zytostatika) mit unterschiedlichen Angriffszielen. Tumorzellen vermehren sich über zahlreiche, komplexe Mechanismen. Durch die Kombination von mehreren Zytostatika greift die Chemotherapie die Krebszellen von verschiedenen Seiten an.

Was bewirkt denn eine Chemo?

Die Chemotherapie zerstört Zellen, die sich schnell vermehren. Krebszellen vermehren sich schneller als gesunde Zellen. Die Chemo ist deshalb für Krebszellen toxisch. Es gibt gesunde Zellen, die sich ebenfalls häufiger als andere gesunde Zellen vermehren. Das sind die Zellen des Blutes, der Haarfollikel, der Geschlechtsdrüsen (Eierstöcke, Hoden) und die Schleimhautzellen, die Mundhöhle, Magen und Darm auskleiden. Die Chemotherapie schädigt auch diese gesunden Zellen. Das erklärt Nebenwirkungen wie Blutarmut, Immunschwäche, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Mundtrockenheit, frühzeitiger Eintritt der Wechseljahre, Unfruchtbarkeit oder Haarausfall.

Weitere mögliche Nebenwirkungen?

Dazu zählen Geschmacksveränderungen, Gewichtsveränderungen und Müdigkeit. Manche Patientinnen leiden während und nach einer Chemotherapie unter Missempfindungen an Händen und Füssen. Die meisten Nebenwirkungen lassen sich heute aber durch vor-beugende Massnahmen oder zusätzliche Medikamente mildern oder sogar verhindern.

Welche Massnahmen helfen?

Als Vorbereitung erhalten Patienten Medikamente (Antiemetika), um Übelkeit vorzubeugen. Wenn nötig auch während und nach der Chemo. Tritt Übelkeit/Erbrechen erst nach einigen Tagen auf, empfehle ich Betroffenen, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt einzunehmen, kalte statt heisse und geschmacksneutrale statt würzige Speisen zu sich zu nehmen und den Essraum vor jeder Mahlzeit gut durchzulüften. Während der Chemotherapie sollten sie Lieblingsgerichte vermeiden, weil die Übelkeit eine dauerhafte Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel verursachen kann. Zudem: Regelmässige Bewegung an der frischen Luft lindert die Müdigkeit und wirkt stimmungsaufhellend.

Was ist mit der Ernährung?

Krebs kann durch Ernährung nicht geheilt werden. Für Krebspatientinnen gelten keine anderen Ernährungsempfehlungen als für -Gesunde, ausser sie leiden an den Auswirkungen des Tumors oder an Nebenwirkungen der Behandlung, wie Schleimhautentzündungen, Kau- und Schluckbeschwerden, Müdigkeit, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Übelkeit.

Was hilft sonst noch?

Patienten haben häufig den Wunsch, selbst etwas zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beizutragen. Immer mehr Tumorzentren bieten deshalb heute ärztliche Sprechstunden zu komplementärmedizinischen Verfahren an. Für das familiäre und berufliche Umfeld gilt: Jede betroffene Person hat eigene Bedürfnisse und Erwartungen. Was die eine Person schätzt und als tröstend, ermutigend und entlastend erlebt, kann eine andere Person irritieren und als lästig, erschwerend oder genierend empfinden. Aus diesem Grund empfehle ich Nahestehenden, Betroffene zu fragen: «Wie kann ich dich am besten unterstützen? Was kann ich heute für dich tun?».

Krebstelefon

Krebs wirft viele Fragen auf. Der Beratungs- und Informationsdienst Krebstelefon der Krebsliga Schweiz ist für Betroffene
da und unterstützt sie in einem persönlichen Gespräch am Telefon, per E-Mail, im Chat oder per Skype. Das Krebstelefon vermittelt auch den Kontakt zu Ihrer regionalen Krebsliga oder zu weiteren Unterstützungsangeboten wie Selbsthilfegruppen.

Tel. 0800 11 88 11 (Montag bis Freitag, 9 bis 19 Uhr)

Weitere Infos: www.krebsliga.ch