Bruxismus
Hilfe, ich knirsche mit den Zähnen!
Jeder dritte Erwachsene tut es – 80 Prozent davon sind Frauen. Abgemahlene Kauflächen, Risse im Zahnschmelz, ein schmerzender Kiefer sind die Folgen. Lesen Sie hier, was es damit auf sich hat.
Oft passiert es nachts. Die Zähne werden aufeinandergepresst und reiben und knirschen. Die Betroffenen merken meist nichts. Erst beim Aufwachen tut der Kiefer weh, weil die Kaumuskeln verhärtet sind. Das ist kein Wunder, denn der Druck, der beim Knirschen auf Zähne und Kiefergelenke ausgeübt wird, ist enorm: bis zu 480 Kilogramm pro Quadratzentimeter – das ist das Zehnfache des normalen Kaudruckes!
Wirken diese Kräfte chronisch, ist das folgenschwer. Die Zähne werden regelrecht abgemahlen und reagieren überempfindlich. Es gibt Risse im Zahnschmelz, die zum Zahnverlust führen können. Ausserdem kann es zu Kieferfehlstellungen kommen und zu Kopf-, Ohren- und Rückenschmerzen.
Was ist die Ursache vom «Bruxismus», wie das Zähneknirschen in der Fachsprache heisst? Es gibt mehrere Gründe. Eine schlechte Gewohnheit ist es, wenn es jemand nur tagsüber tut. Für das chronische nächtliche Knirschen können schlecht sitzende Brücken, Füllungen, Kronen, Prothesen, aber auch kieferorthopädische Fehlstellungen verantwortlich sein. Es kann in Zusammenhang mit Erkrankungen auftauchen, wie etwa mit Epilepsie, Parkinson und Restless-Legs (unruhige Beine). Und es kann auch eine Nebenwirkung von Antidepressiva sein.
Aber auch Stress und verdrängte Gefühle wie Angst, Frust, Trauer und Wut spielen oft eine Rolle, und so bezeichnet man das Zähneknirschen auch als emotionales Entlastungsventil. Das würde den hohen Anteil von weiblichen Knirschern erklären. Frauen neigen vermehrt zur Anpassung und nehmen möglicherweise die Devise «Zähne zusammenbeissen und durch» allzu wörtlich.
Was tun, wenn man mit den Zähnen knirscht? Der Besuch beim Zahnarzt zeigt, ob mechanische Gründe vorliegen. Sind diese behoben, hört auch das Knirschen auf. Stellt sich aber heraus, dass es stressbedingt ist oder psychische Ursachen hat, helfen Physiotherapie, Entspannungstechniken oder eine Psychotherapie. Bis die Ursache behoben ist, beugt eine individuell angepasste Aufbiss-Schiene aus Kunststoff Schmerzen vor und schützt die Zähne und den Kiefer vor Schäden.
Das können Sie selbst tun
Überempfindliche Zähne, zerkautes Gewebe im Mund und an den Innenseiten der Wangen können ein Hinweis sein, dass Sie mit den Zähnen knirschen.
- Knirschen Sie nur tagsüber, ändern Sie mit visuellen Hinweisen dieses Verhalten. Kleben Sie dazu Post-it-Zettel mit dem Hinweis «Ich entspanne meinen Kiefer» an strategisch wichtige Orte wie Computer, Toilettenspiegel oder Kaffeemaschine. Das hilft, die Kiefermuskeln bewusst öfter zu lockern, sodass Sie immer weniger bis gar nicht mehr knirschen.
- Diese Übungen entspannen
den Kiefer und lindern die Schmerzen, die das Zähneknirschen verursacht. Sie können sie mehrmals täglich wiederholen:
1. Öffnen Sie langsam den Mund. Tun Sie das so weit wie möglich, und schliessen Sie ihn dann wieder. Müssen Sie gähnen, tun Sie das möglichst genüsslich.
2. Machen Sie eine Faust und pressen Sie diese gegen das Kinn. Öffnen Sie nun den Mund und drücken Sie den Kiefer dabei gegen die Faust – halten Sie den Druck eine Minute, und entspannen Sie dann wieder. - Bewegen Sie sich oft, um Aggressionen abzubauen. Ausdauersportarten wie Joggen, Velofahren und Walken eignen sich gut dazu, weil Sie dabei intensiv atmen müssen.
- Stärken Sie Ihr Nervenkostüm mit Nervennahrung. Nüsse gehören dazu, Bananen und Vollkornprodukte.
- Lernen Sie Entspannungstechniken wie das Autogene Training (Delia Grasberger: «Autogenes Training», Gräfe & Unzer Verlag, Fr. 27.90), oder die Jacobsche Muskelentspannung. Diese Methoden helfen, besser mit Stress und mit schwierigen Gefühlen umzugehen.
- Schreiben Sie Tagebuch, bevor Sie schlafen gehen. Lassen Sie dabei den Tag Revue passieren, und schreiben Sie auf, wie Sie sich in welchen Situationen gefühlt haben. Dieser Rückblick trägt zum bewussten Umgang mit Emotionen bei.