Hilfe bei Neurodermitis
Es juckt und quält: Neurodermitis ist mehr als lästig, bringt viele Betroffene und auch Eltern zur Verzweiflung. Mit Dupilumab wurde jetzt ein neuer Wirkstoff zugelassen.
Enthält unsere Oberhaut zu wenige Lipide, die den Fett- und Feuchtigkeitshaushalt regeln, steigt das Risiko für Neurodermitis. Denn: Zu trockene Haut reagiert heftiger auf Umweltreize und Infektionen. Zudem schüttet das Immunsystem von Neurodermitis-Patienten vermehrt Entzündungsstoffe aus. Diese «Zytokine» sind für das heftige Jucken verantwortlich. Bereits eine kleine Reizung kann Folgen haben. Die Haut juckt, wird rot, schuppig und trocken, nässt und bildet Krusten. Typisch betroffene Hautstellen bei Kleinkindern sind Gesicht, Oberkörper, Hände und Streckseiten von Armen und Beinen. Bei Erwachsenen sind es meist die Beugeregionen wie Kniekehlen, Ellenbeugen, Gesicht, Nacken und Hals.
Erbliche Veranlagung
Die Ursache ist weitgehend unbekannt, jedoch spielt Vererbung eine Rolle. Neurodermitis kann in jedem Alter erstmals auftreten, meist zeigen sich die Symptome bereits im ersten Lebensjahr. Dr. med. Martin Kägi vom Hautzentrum Zürich kennt den Grund: «Im Säuglingsalter sind gewisse Barrierefunktionen der Haut noch nicht vollständig ausgebildet, sie ist deshalb besonders empfindlich. Immerhin: Wenn Neurodermitis früh auftritt, besteht die Chance auf Abheilung, wenn frühzeitig mit der Behandlung begonnen wird», weiss der Facharzt. «Ob Neurodermitis chronisch wird, hängt von diversen Faktoren ab. Wer von Heuschnupfen oder Asthma betroffen ist, trägt ein höheres Risiko.»
Heilt die Neurodermitis nicht aus, verlaufen die Schübe mit zunehmendem Alter immerhin meist milder. Neurodermitis ist nicht ansteckend, das Risiko sie zu vererben, ist jedoch erhöht, wenn einer oder beide Elternteile betroffen sind. Können Eltern vorbeugend etwas tun? Dr. Kägi: «Diese Frage wird mir häufig gestellt. Es wird vermutet, dass Kinder, die allzu hygienisch aufwachsen, ein erhöhtes Risiko haben. Deswegen wird heute empfohlen, dass auch Kinder mit erblicher Vorbelastung mit allen Lebensmitteln und Tieren in Kontakt kommen können.»
Hautpflege und Antikörper
Als Auslöser für einen akuten Schub kommen viele Faktoren in Frage – Stress, Umwelteinflüsse, Tierhaare, Hausstaub, Duschgel, Shampoo oder Nahrungsmittel.
Dr. Kägi: «Bei Neurodermitis führen wir immer Allergietests durch. Wird ein relevanter Zusammenhang gefunden, hilft es, die Auslöser zu vermeiden. Häufig bleibt die Ursachensuche jedoch erfolglos. Es gilt: Die Barrierefunktion der Haut muss durch spezielle Pflege und das Vermeiden von Belastungen optimiert werden. Eltern und Betroffene sollten sich das nötige Wissen aneignen. Das Allergiezentrum Schweiz ‹aha!› bietet dafür spezielle Schulungen an.»
Unbehandelt ist Neurodermitis ein Teufelskreis: Durch Kratzen wird die Haut verletzt, das führt zu Entzündungen und noch schlimmerem Juckreiz. Behandlungsmöglichkeiten gibt es viele, und sie sind sehr individuell, eine aber ist besonders vielversprechend: «Seit 2019 ist der Antikörper Dupilumab in der Schweiz zugelassen – er richtet sich gegen die Entzündungsmoleküle, dadurch nimmt auch der Juckreiz ab. Zurzeit ist dieser Antikörper das Nonplusultra in der Langzeittherapie.» Allerdings ist Dupilumab hierzulande bisher erst ab 18 Jahren zugelassen. Dr. Kägi rät: «Wenden Sie sich bei Neurodermitis an einen erfahrenen Dermatologen. Je früher, desto besser!»
DAS HILFT GEGEN DEN JUCKREIZ
- Nicht kratzen!
- konsequente Hautpflege
- Omega-3- und Omega-6-Fettsäure-Produkte
- wenig Stress und psychische Belastung
- kühle Luft im Schlafzimmer, denn Schwitzen trocknet zusätzlich aus
- ablenkende Aktivitäten