Gesundheit zum Aussitzen
Mal trocken, mal feucht. Stets warm, nie heiss. Das Römisch-irische Bad vereint das Beste von zwei grossen Badekulturen Europas.
Von Serge Hediger
Nach der Mittagspause macht sich die Römerin, nennen wir sie Gaia Caecilia, auf den Weg. Das alte Rom mit seinen vielen engen Gassen ist eine wuselige Ein-Millionen-Metropole. Pastetenbäckerinnen, Stiefelmacher, Obsthändlerinnen – alle schreien, alle verstellen mit Karren den Weg, überall liegt Unrat. Schmutz- und schweissverklebt erreicht Gaia Caecilia eines der tausenden von Roms Badehäusern. Zwei, drei Stunden wird sie nun die Ruhe geniessen und ausgerüstet mit einem grossen Tuch ihr wöchentliches Bad absolvieren – im feucht-heissen Caldarium, im mild-warmen Tepidarium, im schweisstreibenden Laconium, im eiskalten Frigidarium.
2000 Jahre später ist der Ablauf dieses Baderituals noch der gleiche, sodass Gaia Caecilia sich wohl leicht zurechtfinden würde. Allein: Im römisch-irischen Bad, wie es in der Schweiz in vielen Kurorten eingerichtet ist, bewachen im Umkleideraum (Apodyterium) keine Sklaven die Kleidung und die Wertsachen. Und kostenlos ist der Besuch einer Therme unter dem Schutz der Gesundheitsgöttin Hygieia auch nicht mehr.
Ein römisch-irisches Bad vereint das Gesunde zweier europäischer Badekulturen. Es besteht aus mehreren Stationen, die nacheinander durchlaufen werden. Das Irische daran ist das Baden in warm-trockener Luft, während das warm- und heiss-feuchte Bad von den Römern stammt. Während dieser Stationen wird die Temperatur kontinuierlich gesteigert. Das ermöglicht dem Körper, sich langsam anzupassen, sodass Herz und Kreislauf geschont werden.
Tatsächlich eignet sich die sanfte Erwärmung, Abkühlung und Reinigung des Körpers nicht nur zur Entspannung, sondern auch für Badegäste, die unter Arthrose, chronischer Bronchitis, Durchblutungsstörungen oder Gelenkrheumatismus leiden. Oder für all jene, für die aus gesundheitlichen Gründen ein Saunagang nicht in Frage kommt. Denn während in einer finnischen Sauna das Thermometer schon mal 90 Grad anzeigen kann, herrschen im römisch-irischen Bad in der Regel zwischen 40 und 45 Grad. Und es ist gerade der Dampf, der die Durchblutung der Atemwege anregt und zu einer Sekretlösung in den Atemwegen führt.
Ein römisch-irisches Bad zählt um die zehn Stationen zu Gängen von 15 bis 30 Minuten, gelegentlich auch mit Kräuteraufgüssen. Letzte Station ist das Relaxarium, ein Ruheraum von
angenehmer Temperatur. Massagen, Whirlpool oder die Piscina zum Schwimmen kommen je nach Anbieter hinzu.