Das Allheilmittel aus Asien
Adaptogene gelten als «Stress-Killer» oder «Gesundheits-Booster». Diese harmonisierenden und stärkenden Pflanzenwirkstoffe finden sich im Ginseng, in der Rosenwurz oder in der Beerentraube Schisandra.
Der bärtige Asklepios war in der griechischen Mythologie der Gott der Heilkunst. Er hatte zwei stattliche Töchter: Die ältere, Hygieia, war die Personifikation der Gesundheit. Der Begriff Hygiene – «der Gesundheit dienlich» – erinnert noch heute daran. Die jüngere, Panakeia, dagegen personifizierte die Pflanzenheilkunst. Ihr Name bedeutet übersetzt «alles heilend» – Allheilmittel.
Wunderdroge aus Fernost
Daran erinnerte sich der Direktor des Botanischen Gartens von St. Petersburg, als er 1842 eine Pflanze neu zu klassifizieren hatte. Sie war ihm als mythische Arznei und Wunderdroge gepriesen worden. Also gab er dem Araliengewächs mit seiner harmonisierenden und kräftigenden Wirkung den botanischen Namen Panax ginseng – allheilender Ginseng.
Seit Jahrhunderten umranken Legenden die sogenannte «Menschenwurzel», die in Korea, China und Südostrussland gedeiht. Es heisst, sie sei einst mit Gold aufgewogen worden, sei als Medizinalpflanze dem Kaiser vorbehalten gewesen, und gewöhnliche Sterbliche hätten für ihren Besitz mit dem Tod zu rechnen gehabt.
Der Berner Albrecht von Haller war 1755 einer der ersten westlichen Ärzte, der Ginseng pharmakologisch beschrieb: «Die Chineser und Japoneser trinken sie häufig als einen Thee, und rühmen davon sehr viele Kräften, davon die vornehmste diese sind, dass sie stark mache, den Nieren sehr wohl diene, die Nerven und den Kopf stärke, vornehmlich auch nachdrücklich zu der Wollust reize. Zur Stärkung des Magens, der Nerven, des Gedächtnisses, wider krampfichte Zustände, Lähmungen, Ohnmachten, Schwindel und dergleichen, mag sie wohl von guter Wirkung seyn.»
Wie aber ist ein derart breites Wirkungsspektrum möglich? Es sollten noch 200 Jahre vergehen, bis die Medizin eine Antwort auf diese Frage findet und Ginseng zusammen mit anderen Heilpflanzen erstmals spezifisch auf seine gesundheitsfördernde Wirkung untersucht.
Adaptogen heisst Anpassung
Ein russischer Forscher und Arzt war es, der dabei 1958 den Begriff Adaptogene prägte und damit pflanzliche Wirkstoffe bezeichnete, welche die Resistenz des Körpers gegenüber Stress erhöhen.
«Adaptogene sind chemische Verbindungen, welche die Fähigkeit des Körpers erhöhen, mit belastenden Umweltfaktoren zurechtzukommen», schreibt die Diplom-Biologin Natalia Leutnant in ihrem Standardwerk: «Adaptogene – Wunderheilpflanzen für die heutige Zeit». «Sie sind immer ungiftig und ohne Nebenwirkungen und verhindern oder verzögern das Eintreten vieler Auswirkungen des Alterns, wirken verjüngend auf gestresste Organe, steigern Leistungsfähigkeit und Ausdauer und verbessern die Erholung nach Erschöpfungszuständen.» Der Begriff bedeutet übrigens Anpassung, und so haben diese Wirkstoffe denn auch einen regulierenden Einfluss auf den menschlichen Körper – egal in welcher Richtung die Abweichung besteht. Sind wir gestresst, so wirken sie beruhigend. Sind wir erschöpft, so regen sie uns an. Adaptogene harmonisieren die Zusammenarbeit der Organe, stabilisieren das Immun- und Nervensystem, energetisieren Körper und Gehirn. Unter anderem bei körperlicher und mentaler Belastung, bei Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und Schlafstörungen, bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen, bei chronischen Schmerzen, Grippe und Erkältung sowie bei Impotenz und Libidoverlust haben sie allgemeine Heilwirkungen bewiesen.